Erfolgreiches Umrüsten der Produktion

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Ford fertigt Elektro-Antriebe mit Liebherr-Portaltechnik

Das Friktionsrollen-Auslaufband mit der Schnittstelle zur Entladung der Gut-Teile, dahinter das Portalsystem mit den Teleskopachsen.

E-Mobilität setzt sich weltweit mehr und mehr durch – und die Automobilindustrie wandelt sich. Viele Autohersteller stellen von der Fertigung von Verbrennungsmotoren auf Antriebe für Elektrofahrzeuge um. Die Ford Motor Company – ein langjähriger Partner der Liebherr-Verzahntechnik GmbH – fertigt künftig die Mehrheit der Elektro-Antriebe für seine europäische Produktion im britischen Getriebewerk Halewood bei Liverpool. Die Produktion erfolgt nach wie vor mit Liebherr-Portaltechnik, Ford nutzt sie jedoch nun nicht mehr in Produktionslinien für Getriebe für Verbrennungsmotoren, sondern für Elektro-Antriebseinheiten.

Ziel des weltweit sechstgrößten Autoherstellers ist es, sein Portfolio in Europa zu „elektrifizieren”. Die Umstellung auf die Produktion von Elektrokomponenten in Halewood spielt dabei eine entscheidende Rolle. In diesem Werk hat Ford zum ersten Mal in Europa in die Herstellung von Komponenten für vollelektrische Fahrzeuge investiert; hier sollen „Power Units“ produziert werden, also Antriebseinheiten, bestehend aus E-Motor und Ein-Stufen-Getriebe. Pro Jahr sollen in Halewood statt bisher 250.000 nun 420.000 Einheiten vom Band laufen – Antriebe für 70 % der 600.000 Elektrofahrzeuge, die Ford schon bald jährlich in Europa absetzen möchte.

Die Wahl fiel aus zwei Gründen auf Halewood. Zum einen erlauben die Platzverhältnisse die Erweiterung der Produktion; zum anderen spielt die unmittelbare Nähe des Freihafens Liverpool eine Rolle. Hierbei handelt es sich um eine Sonderwirtschaftszone, die im Zuge des Brexit geschaffen wurde und die besondere Wirtschaftsvorschriften, Zoll- und Steueranreize bietet.

Vorhandene Technik anders nutzen

Ford hat bereits zahlreiche Projekte gemeinsam mit Liebherr umgesetzt, darunter auch Retooling-Projekte. Die beiden Unternehmen arbeiten seit 30 Jahren zusammen. Es war allerdings das erste Projekt, bei dem Bestandsanlagen an einen anderen Standort umgezogen sind. „Wir haben Anlagen von Linien für Verbrennungsmotoren, die nicht mehr produzieren, aus Dagenham nach Halewood transportiert, umgerüstet und modernisiert”, berichtet Projektleiter Steve Treweek, Senior Process Engineer der Ford Motor Company. „So konnten wir erhebliche Kosten einsparen – eine Neuanschaffung der Linien hätte 30 bis 40 Millionen Euro zusätzlich gekostet.” Die umgerüsteten Anlagen stammen aus dem Jahr 2010 und sind damit noch relativ neu. Ihr Retooling ist kosteneffizient und hat Produktionslinien zum Ergebnis, die aussehen – und laufen – wie neu. Noch ist die Anlage in der Hochlauf-Phase; der Produktionsstart ist für Oktober 2024 geplant.

Portaltechnik und E-Mobilität

„Eins wird bei diesem Projekt sehr deutlich: Die Portaltechnik lebt“, sagt Roman Buhmann, Key Account Manager und Halewood-Projektleiter auf Liebherr-Seite. „Wer annimmt, Portaltechnik werde zusammen mit Verbrennertechnik aussterben, verkennt die Situation. Portaltechnik wird nach wie vor gebraucht – für die Fertigung von Getriebegehäusen für Elektroantriebe ebenso wie für die Herstellung klassischer Motorblocks.“

Liebherr-Portaltechnik für den gesamten Materialfluss

Die umgerüstete Produktion arbeitet mit vier Linien für die Fertigung von E-Motorgehäusen, Getriebegehäusen und Endabdeckungen sowie für die Getriebemontage. Liebherr-Technologie spielt dabei überall eine Hauptrolle: von Portalrobotern zur Bestückung der CNC-Maschinen (LP 200), Greiftechnik, Verbindungsbändern zwischen Portalsträngen inklusive Wartungsbereichen über ein Turmspeichersystem bis hin zu hochmodernem Part Tracking und SPC-Plätzen zum Ausschleusen von Werkstücken zwecks Qualitätssicherung.

„Liebherr-Technologie handhabt den gesamten Materialfluss von Transport, Zwischenspeicher, Steuerung und Tracking – inklusive Prozesssicherheit, Optimierung des Materialflusses zum Gewährleisten der Taktzeit in den Fertigungslinien, Ausbringung und Datenauswertung“, sagt Uwe Radigk, Vertriebsleiter Powertrain Manufacturing der Liebherr-Verzahntechnik GmbH. „Dabei ist nur die Steuerungstechnik komplett neu; die Hardware haben wir zu 90 % übernommen und ergänzt. Auch die Energieführungsketten sind retrofitted, und die Sicherheit ist nun auf dem neuesten Stand, um höchstmöglichen Arbeitsschutz zu gewährleisten.“

Produktivität, Qualität und Flexibilität

Das Friktionsrollen-Auslaufband zum Entladen der Ausschussteile, im Hintergrund das Portalsystem mit den Teleskopachsen.

Die neue Anlage bietet eine deutliche Produktivitätssteigerung: Die Verfügbarkeit steigt im ersten Schritt von 80 % auf 87,5 %, und perspektivisch auf bis zu 90 %. Rein auf die Portaltechnik bezogen beträgt sie nicht weniger als 98 %. „Die Vorteile der Liebherr-Portaltechnik sind ganz klar Produktivität, Qualität und Flexibilität bei Equipment und Engineering – und zudem Sauberkeit,“ so Steve Treweek. „Wenn man durch die Fabrik geht, sieht man nicht, dass das gebrauchte Anlagen sind. Alles sieht aus wie brandneu.“

Herausforderungen beim Umbau

Der Umbau von der Fertigung schwerer, gusseiserner Teile für Dieselmotoren in Nutzfahrzeugen auf die wesentlich leichteren, filigraneren Teile für Elektroantriebe war eine der Besonderheiten des Projekts. Der Motorblock, für den die Linien ursprünglich konzipiert waren, wog 120 Kilogramm; der E-Motorblock ist ungefähr ebenso groß, besteht aber aus Aluminium und wiegt lediglich 13 Kilogramm. Alle Achsen und Greifer der Portalroboter mussten daher getauscht werden.

Eine besondere Herausforderung war auch die Anpassung der Geräte an die niedrige Dachhöhe in Halewood. Die Hallen sind hier nur 5,2 Meter hoch, während die Standardhöhe von Ford-Produktionshallen 6,4 Meter beträgt. Die Liebherr-Verzahntechnik GmbH baute dafür eigens das gesamte Portalsystem für die um 1,2 Meter niedrigere Höhe um.

Auch das IT-System wurde umgestellt: Part Tracking findet nun nicht mehr über Datenerfassung per Data Tag statt, sondern über ein Cloud-System. Insofern transferiert Liebherr nicht nur die Teile, sondern auch ihre Daten.

Nicht zuletzt geschah all dies in einem äußerst engen zeitlichen Rahmen und wurde durch die Corona-Pandemie erschwert. Normalerweise wird für die Installation eines neuen Portalsystems ein Zeitrahmen von 18 bis 24 Monaten veranschlagt – ohne Umzug. Hier jedoch waren es vom Aufstellen des ersten Trägers bis zu den ersten Testläufen in der Produktion nur acht Monate.

Reibungslose Zusammenarbeit

Für Ford-Projektleiter Steve Treweek war von Anfang an klar, dass er dieses Projekt mit Liebherr umsetzen würde. Ausschlaggebend waren für ihn dabei neben der Qualität des Equipments auch die Expertise, das umfassende Ford-Know-how und die Zuverlässigkeit des Liebherr-Engineering-Teams. „Über die letzten 15 Jahre habe ich ausschließlich mit Liebherr als Lieferanten für Portaltechnik zusammengearbeitet“, berichtet er. „Ich bin sehr erfahren und weiß genau, was ich brauche – aber selbst mit weniger erfahrenen Ford-Projektleitern hätte das Liebherr-Team die Aufgabe gemeistert. Ich weiß, was die Teams, Montageteams und Projektleiter leisten können. Wenn es um das gesamte System geht, gibt es niemanden, der vergleichbar wäre.“

Die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen den Teams von Ford und Liebherr war ausschlaggebend dafür, dass das Halewood-Projekt trotz aller Herausforderungen reibungslos lief. „So etwas geht nur mit Liebherr“, betont Steve Treweek. „Es herrscht ein tiefes gegenseitiges Verständnis, beide Teams ergänzen sich perfekt. Ich würde mich immer für Liebherr als Lieferanten einsetzen. Als Ford-Projektleiter brauche ich Qualität, zuverlässige Projektpartner und ein gutes Team an meiner Seite – und all das finde ich hier. Es ist ein Vergnügen, mit Liebherr zu arbeiten.“

Liebherr-Verzahntechnik GmbH

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