Unfall bei Sprung in den Pool des Chefs kann Arbeitsunfall sein

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Rechtsprechung sieht dienstliche Veranlassung bei Abkühlung auf Weisung des Chefs

Verletzt sich ein Beschäftigter bei der Arbeit, so tritt die gesetzliche Unfallversicherung für die entstehenden Gesundheitsschäden ein. Voraussetzung ist, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelt. Ein solcher Arbeitsunfall kann auch dann vorliegen, wenn ein Mitarbeiter zur Abkühlung in den Pool des Chefs springt und sich dabei verletzt.

Was ein Arbeitsunfall ist, regelt das Sozialgesetzbuch (SGB) VII in Deutschland. Danach liegt etwa dann ein Arbeitsunfall vor, wenn ein Arbeitnehmer während der Tätigkeit durch ein „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“ einen Gesundheitsschaden oder sogar den Tod erleidet (§ 8 SGB VII).

Wer beispielsweise auf dem Betriebsgelände von einem Gabelstapler angefahren wird oder auf der Treppe im Büro stürzt, erleidet daher einen Arbeitsunfall. Daneben zählen auch sogenannte Wegeunfälle als Arbeitsunfälle: Der direkte Weg zur und von der Arbeit nachhause ist ebenfalls versichert.

Liegt ein Arbeitsunfall vor, ist nicht die eigene Krankenkasse für die Übernahme der Behandlungskosten und die ärztliche Heilbehandlung zuständig. In solchen Fällen tritt die arbeitgeberfinanzierte gesetzliche Unfallversicherung ein. Dies ist für den Betroffenen regelmäßig vorteilhaft, da diese auch Ersatzleistungen wie Unfallrenten übernimmt.

Abgrenzung: Dienstlicher Bezug oder private Veranstaltung

Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es oft, wenn die Tätigkeit sowohl einen dienstlichen Bezug, als auch Freizeitelemente aufweist: So zählt eine Verletzung auf einem offiziellen Betriebsfest, zu dem die Firma eingeladen hat, ebenfalls als Arbeitsunfall.

Gehen die Kollegen hingegen abends nach der Arbeit gemeinsam etwas trinken und passiert dort eine Verletzung, handelt es sich jedoch nicht um einen Arbeitsunfall, selbst wenn während des Kneipenbesuchs nur über dienstliche Themen gesprochen wird. Für eine dienstliche Veranstaltung spricht es etwa, wenn der Arbeitgeber die Kosten für die Veranstaltung übernimmt, die Planung durch den Arbeitgeber erfolgt und ausschließlich Mitarbeiter daran teilnehmen.

Sprung in den Pool des Chefs

Ausgehend von diesen rechtlichen Vorgaben musste das Sozialgericht München in einer Entscheidung feststellen, ob die schweren Verletzungen eines Arbeitnehmers beim Sprung in den nicht ausreichend tiefen Pool des Arbeitgebers als Betriebsunfall zu qualifizieren waren.

Im Unfallbericht hatte der Arbeitgeber das Geschehen wie folgt beschrieben: „Am letzten Tag vor dem Urlaub meiner Mitarbeiter mussten dringend noch Arbeiten fertiggestellt werden. Da es sich um einen sehr heißen Sommertag handelte (über 30 °C), habe ich um ca. 18:00 Uhr die Anweisung gegeben, dass sich alle Mitarbeiter in meinem kleinen Pool auf dem Betriebsgelände neben der Werkstatt kurz abkühlen sollen und wir anschließend noch die Restarbeiten vornehmen. Wir begaben uns dann gemeinsam zum Pool, wofür ich zwei Mitarbeitern noch Badehosen lieh und frischten uns dort ab.”

Gericht: Vom Chef angeordnete Erfrischungspause ist Arbeitsunfall

Die Berufsgenossenschaft sah in dem Unfall eine private Tätigkeit ohne ausreichende dienstliche Veranlassung. Das erkennende Sozialgericht sah dies aber anders und nahm einen Arbeitsunfall an: Die vom Chef angeordnete „Erfrischungspause“ habe der Wiederherstellung bzw. Erhaltung der Arbeitskraft gedient. Damit bestehe ein sachlicher Zusammenhang zur Arbeitstätigkeit. Dies gelte insbesondere, wenn aufgrund der zuvor in Hitze verrichteter Tätigkeit eine Abkühlung notwendig und vom Chef sogar angeordnet worden sei.

Anweisung zum Sprung in den Pool qua Direktionsrecht?

Durch die Anerkennung als Arbeitsunfall kommt der verletzte Mitarbeiter zwar in den Genuss der Leistungen der Unfallversicherung. Allerdings: Dessen Verletzungen waren äußerst gravierend, sodass dieser rechtliche Erfolg nur einen kleinen Trost darstellen dürfte.

Die Frage, ob Chefs ihren Mitarbeitern vorgeben dürfen, in den Pool zu springen, musste das Sozialgericht nicht entscheiden. Eine solche Anweisung wird natürlich vom arbeitgeberseitigen Direktionsrecht regelmäßig nicht gedeckt sein, solange der betroffene Mitarbeiter nicht ausnahmsweise Bademeister ist.

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