Highspeed-Erodieren für den Formen- und Werkzeugbau

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Druckgieß- und Spritzgießformen in Wochen statt Monaten

Die Produktivität der neuen Erodieranlagen Form X 600 (Senkerodieren, rechts) sowie CUT E 600 (Drahterodieren) von Agie Charmilles liegt im Vergleich zur früher verwendeten Ausrüstung um etwa den Faktor 2,5 höher.

In wettbewerbsintensiven Branchen werden bei Neuentwicklungen oft extrem enge Terminvorgaben gemacht. Das betrifft auch die Erstellung von Bauteilen bzw. Prototypen für praktische Versuche, die so schnell wie möglich zur Verfügung stehen müssen. Dies gilt umso mehr für die dazu erforderlichen Formen. Die für ihre Herstellung eingesetzten Technologien müssen daher besonders leistungsfähig sein. Hier war die Funkenerosion bisher oft ein Flaschenhals. Mittlerweile gibt es in diesem Bereich erhebliche Fortschritte. Ein Besuch bei einem auf solche Eilaufträge spezialisierten Dienstleister.

„Wenn bei uns das Telefon klingelt, ist beim Auftraggeber oft bereits Feuer unter’m Dach“, erklärt Dr.-Ing. Frank Breitinger, Geschäftsführer der apppex Product Development Prototypes Parts GmbH in München. Dann müsse alles ganz schnell gehen. Das bedinge bei ihm eine ganz andere Geschäftsphilosophie als bei üblichen Formenbauern. Seine Lieferzeiten bewegten sich zwischen 2-6 Wochen bei einem Bestellvorlauf von ca. 1-2 Wochen. Hergestellt werden Werkzeuge für Maschinen mit bis zu 12 MN (1.200 t) Zuhaltekraft. Mit diesen Formen ließen sich dann bis zu einige 1.000 Prototypen im Serienverfahren und mit seriennahen Werkstoffen erzeugen.

Um das zu ermöglichen, könne er seine Anlagen nicht mit maximaler Auslastung fahren, sondern müsse vor allem hohe Kapazitäten vorhalten. Darüber hinaus achte er bei seiner Ausrüstung auf höchste Produktivität, denn im Fall des Falles müsse es ganz schnell gehen. So beispielsweise bei einem am 18. 12. 2024 hereingekommenen Auftrag über die Herstellung von 16 Formeinsätzen, bei denen sehr viele Konturbereiche durch Funkenerosion zu bearbeiten waren. Dank seiner neuen Ausrüstung von GF Machining Solutions – einer Senkerodieranlage von Agie Charmilles Form X 600, einer Drahterodieranlage Typ Cut E 600 sowie der Senkerodiersoftware Form eCAM, – habe er es geschafft, alle benötigten Teile bereits am 7. Januar 2025 einsatzfertig abzuliefern. Mit seiner früheren Ausstattung hätte er für diesen Auftrag ein Mehrfaches an Zeit gebraucht.

Leistungssprung beim Senkerodieren

Das Produktionsprogramm von apppex umfasst Formen für die Herstellung von Prototypen aus Aluminium-Druckguss oder aus Kunststoff-Spritzguss.

„Als wir uns Mitte September 2023 bei GF Machining Solutions über deren Funkenerosionsmaschinen informierten, hatten wir uns eigentlich bereits für Anlagen eines Marktbegleiters entschieden“, verrät Werkzeugmacher Christian Borkmann, der bei apppex die Funkenerosion betreut. Grund für diesen Vorentscheid war das Ergebnis einer Testbearbeitung, die vorab bei diesem Anbieter stattgefunden hatte. Hierbei erledigte dessen Senkerodiermaschine einen Job, für den die bisherige apppex-Anlage volle 19,5 Stunden benötigte, in lediglich 8,5 Stunden.

Der Besuch in Schorndorf erfolgte deshalb eher aufgrund der über mehr als 20 Jahre aufgebauten guten Beziehungen. Immerhin hatte GF apppex bei der bisherigen, im Jahr 2000 gekauften Ausstattung gut betreut und durch guten Service überzeugt. Als sich jedoch anlässlich des Besuchs herausstellte, dass die neue Form X Senkerodieranlage von Agie Charmilles den gleichen Job in lediglich 6,5 Stunden erledigen konnte, geriet der bisher gefasste Kaufbeschluss ins Wanken.

Ein überzeugendes CAM-Programm

„Endgültig über den Haufen geworfen wurde unser eigentlich bereits gefasster Kaufentschluss dann durch die Vorführung der neuen CAM-Software Form eCAM“, erinnert sich Dr. Breitinger. Es handele sich um das erste dezidiert für das Erodieren ausgelegte CAM-Programm, das er bisher gesehen habe. Damit könnten erstmals Probleme gelöst werden, die ihn schon seit Jahren gestört hätten. In erster Linie ging es dabei um die Möglichkeit realistischer Zeitvorhersagen für langlaufende Jobs. Beim Senkerodieren lägen die Laufzeiten häufig bei mehr als 50 oder 100 Stunden. Deswegen ist das Erodieren oft ein Flaschenhals, der den gesamten Auftrag gefährden kann.

Neben der massiv erhöhten Produktivität der Anlage bestand dank dieses neuen Programms jetzt die Möglichkeit, sich bei Terminplanungen auf verlässliche Angaben stützen zu können. Zudem lassen sich damit verschiedene Varianten und Parametereinstellungen durchspielen, um das Optimum zu ermitteln. Auch benötige Form eCAM keinen Postprozessor. Die Datei könne direkt in die Maschinensteuerung übertragen werden. Als er diese Möglichkeiten sah, wollte er das Programm sozusagen vom Fleck weg haben.

Zusammenspiel von Fräsen und Erodieren

Die Form X 600 zeichnet sich durch ihre hohe Bearbeitungsgeschwindigkeit aus und erreicht dank Kühlung der Achsen sowie der Glasmaßstäbe eine hohe Genauigkeit.

„Die Geschwindigkeitssteigerung beim Erodieren rührt nicht zuletzt daher, dass Form eCAM die Änderung der funkenerosiv aktiven Fläche der Elektrode bei fortschreitendem Eindringen in das Werkstück jeweils exakt berechnet und die Leistungseinheit entsprechend ansteuert“, erläutert Björn Färber, Vertriebsingenieur Region Süd bei GF Machining Solutions. Somit werde die elektrische Leistung in jedem Stadium des Prozesses exakt auf den optimalen Wert eingestellt.

Weiterer Vorteil der Software ist die Optimierung des Zusammenspiels von Fräsen und Erodieren. Da das Fräsen häufig die schnellere und wirtschaftlichere Technologie ist, werden Bauteile für das Senkerodieren zunächst soweit wie möglich vorgefräst. Erst dann werden die restlichen Bereiche durch Senkerodieren bearbeitet. Bei diesen Planungen können zahlreiche Parameter und Strategien vorab durchgespielt werden, um die optimale Lösung zu finden. Das Ergebnis bildet dann die Grundlage für die Zeitvorhersagen. „Und das klappt hervorragend, wir hatten beispielsweise für einen Job eine Vorhersage von ca. 8 Tagen und schafften ihn dann in 7 Tagen. Auch den bereits erwähnten Einsatz über Weihnachten hätten wir ohne den Einsatz der GF-Technologie nicht geschafft,“ betont Dr. Breitinger.

Zusätzliche Vorteile der Form X 600

„Die Bedienung der neuen Senkerodieranlage war einfach und leicht zu erlernen“, freut sich Christian Borkmann. Zusätzlich zur Verwendung der üblichen Standardsymbole könnten an der Steuerung auch halbautomatische Bewegungen oder spezielle Messzyklen definiert und aufgerufen werden. Der von drei Seiten zugängliche Tisch erleichtere Beladung und Bedienung, und umfassende Maßnahmen zur Kompensation von Temperaturänderungen ermöglichten Genauigkeiten im µm-Bereich. Die Software gestatte die Messung wichtiger Positionen und Offsets, die Konstruktion von Elektroden in 2D oder 3D und die Überwachung der Bearbeitung.

Der neue Generator führe zu deutlich höheren Bearbeitungsgeschwindigkeiten bei besserer Oberflächenqualität und schone die Elektroden. Bei Graphitelektroden ging der Verschleiß an der Schruppelektrode beim damaligen Vergleichstest auf nur noch 0,05 mm zurück, im Gegensatz zu 0,23 mm beim Wettbewerber. Auch könnten Mikrobearbeitungen mit sehr feinen Elektroden durchgeführt werden, wobei kleinste Innenradien erreichbar sind.

Cut E 600 für unterschiedlichste Aufgaben beim Drahterodieren

Das Programm Form eCAM ermöglicht realistische Zeitvorhersagen für langlaufende Jobs sowie die Optimierung des Zusammenspiels zwischen Vorfräsen und Finishen durch die Möglichkeiten, zahlreiche Varianten durchzuspielen.

„Auch mit der Drahterodiermaschine von Agie Charmilles sind wir sehr zufrieden“, weiß Dr. Breitinger. Zum Einsatz kommt hier die Software Visi-CAM. Obwohl es sich hierbei um eine günstige Allround-Maschine für breit gefächerte Einsatzgebiete handelt, sei er mit der erzielten Genauigkeit sehr zufrieden. Beim Drahten eines Rundlochs mit der Maßvorgabe 50 mm Ø lieferte das Messsystem einen Wert von exakt 50,00 mm. Diese Genauigkeit sei wesentlich.

Da die „schlechteste“ Kavität die Produktivität der Form vorgibt, ist eine exakte Reproduzierbarkeit der einzelnen Kavitäten entscheidend. Mit der Genauigkeit, welche die CUT E 600 erreicht, könne er daher auch die Wünsche von Kunden aus Bereichen wie Medizintechnik, Elektronik-Steckverbindern oder Feinmechanik erfüllen. Insgesamt liege die Produktivität bei beiden neuen Erodieranlagen um etwa den Faktor 2,5 höher als bei der früher verwendeten Ausrüstung.

Erfolg macht Freu(n)de: apppex-Geschäftsführer Dr. Frank Breitinger und GF-Vertriebsingenieur Björn Färber an der Steuerung der Senkerodieranlage Form X 600.

GF Machining Solutions GmbH

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