Atomkern mit Laserlicht angeregt
Lange erhoffter Durchbruch ermöglicht neuartige Atomuhr
Forschern ist ein herausragender Quantensprung gelungen – sprichwörtlich und ganz real: Nach jahrzehntelanger Suche konnten sie genau die Laserfrequenz finden und anwenden, die den Atomkern des Elements Thorium-229 zu einem Quantensprung von einem Energieniveau auf ein eng daneben liegendes anregt. Derartige Laser-Kernanregungen öffnen die Tür für neuartige Atomkern-Uhren, die noch einmal deutlich genauer sein könnten als heutige Atomuhren.
„Das ist nach etlichen Jahren Forschung ein großartiger Durchbruch, der bisher nie gekannte Präzisionsmessungen möglich machen könnte“, freut sich Dr. Ekkehard Peik von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB). „Dies könnte für tiefe Einblicke in die Quantenwelt sorgen und neue Erkenntnisse zum Ursprung des Universums und der Existenz dunkler Materie bringen.“ Möglich wurde dies in einer Kooperation der PTB mit der TU Wien.
Im Gegensatz zu Atomkernen ist die Anregung von Elektronen in der Atomhülle schon lange eine verbreitete Methode: Wenn die Wellenlänge eines Lasers exakt gewählt ist, wechselt ein Elektron von einem Zustand in einen anderen. So kann man diese für ein Atom oder Molekül charakteristische Energie sehr exakt vermessen. Viele Präzisionsmesstechniken beruhen genau darauf, etwa unsere heutigen Atomuhren, aber auch chemische Analysemethoden. Auch in Quantencomputern werden Laser verwendet, um Information in Atomen oder Molekülen zu speichern.
Lange schien es unmöglich, diese Techniken auf Atomkerne anzuwenden, die ebenfalls unterschiedliche Quantenzustände annehmen können. Denn dafür wäre mindestens das Tausendfache der Energie im Vergleich zur Elektronenanregung nötig. Eigentlich wären Atomkerne die perfekten Quantenobjekte für Präzisionsmessungen: Sie sind von der Elektronenhülle umgeben und somit geschützt und viel weniger anfällig für Störungen von außen. Prinzipiell würden sie daher Messungen mit bisher unerreichter Genauigkeit erlauben.
Schon seit den 1970er-Jahren wurde spekuliert, dass sich der Atomkern des Elements Thorium-229 mit einem Laser gezielt anregen lassen könnte. Er weist zwei sehr eng benachbarte Energiezustände auf, sodass ein Laser ausreichen sollte, um den Zustand des Atomkerns zu verändern. Lange Zeit gab es aber nur indirekte Hinweise auf die Existenz dieses Übergangs. Denn um ihn gezielt anzuregen, muss die nur ungenau bekannte Energie des Übergangs mit einem Laser auf ein Millionstel Elektronenvolt genau getroffen werden.
Um dieses Problem zu lösen, haben die PTB und die TU Wien, gefördert vom Europäischen Research Council, im Jahr 2020 ein Kooperationsprojekt gestartet: An der PTB wurde ein Lasersystem bei der benötigten ultravioletten Wellenlänge von etwa 148 nm entwickelt, während an der TU Wien Kristalle hergestellt wurden, in denen die Thorium-Kerne in großer Anzahl gezielt eingebaut wurden. Beide Aufgaben waren nicht nur Neuland, sondern auch technisch sehr aufwendig. Sie haben aber schließlich die Möglichkeit geschaffen, dass schließlich in der PTB rund zehn Billiarden (1016) Thorium-Kerne gleichzeitig mit dem Laser getroffen werden können. So kann die Kernantwort auf die Laseranregung verstärkt werden, die nötige Messdauer verkürzt und die Wahrscheinlichkeit, den gesuchten Energie-Übergang zu finden, erhöht werden.
Den Forschern ist es mit diesem Vorgehen gelungen, die Energie des gesuchten Thorium-Übergangs exakt zu treffen, und die Thorium-Kerne lieferten zum ersten Mal ein klares Signal: Der Laserstrahl hatte ihren Zustand gezielt umgeschaltet.
Die erfolgreiche Laser-Kernanregung öffnet nun die Tür für eine Atomkern-Uhr, die noch einmal deutlich genauer sein könnte als die heutigen Atomuhren. Sie könnte die grundlegenden Fragen der Quantenforschung nach dem Ursprung unserer Welt – z. B. ob Naturkonstanten seit dem Urknall konstant sind – beantworten helfen. Und wenn die nun realisierten Thorium-dotierten Kristalle weiterentwickelt werden, könnten Thorium-Kerne gezielt als Sonden in Kristalle oder Moleküle eingebaut werden und dort neue Informationen über mikroskopische Materialeigenschaften zugänglich machen.