Bürokratie: Kleinere Unternehmen leiden am meisten
Studie zeigt erstmals individuelle Bürokratiebelastung im Maschinen- und Anlagenbau auf
Bürokratische Pflichten sind für den industriellen Mittelstand zu einer erheblichen Belastung geworden, die auch Investitionen auszubremsen droht. Und der Berg der Anforderungen an die Unternehmen wächst stetig weiter.
In einer aktuellen Studie des IfM Bonn im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA nennen die Betroffenen bereits 375 verschiedene Regelungen allein auf Bundesebene, die sie zu erfüllen haben. De facto ist die Belastung jedoch etwa doppelt so hoch, weil in der Praxis noch rechtliche Vorgaben auf Landes- und kommunaler Ebene sowie auf EU-Ebene bestehen. Und aus Brüssel sind mit Regulierungsvorhaben wie der EU-Taxonomie, dem europäischen Lieferkettengesetz oder der CSR-Richtlinie weitere umfangreiche direkte und indirekte Belastungen absehbar.
In der Studie "Bürokratiekosten von Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau" werden erstmals in drei Unternehmen unterschiedlicher Größe (von 125 bis 3.500 Beschäftigten) die Belastungen im Detail analysiert. Dieser wissenschaftliche Tiefenschnitt hat für das beispielgebende kleine Unternehmen das Ergebnis gebracht, dass rund drei Prozent des Umsatzes jährlich durch die Erfüllung der direkten bürokratischen Pflichten gebunden werden. Dies sind bei einem Umsatz von 23,5 Millionen rund 705.000 Euro – und umgerechnet auf die Beschäftigungskosten zehn in Vollzeit arbeitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit sind die allein vom Bund ausgelösten Bürokratiekosten ähnlich hoch wie die jährlichen Forschungsausgaben eines Mittelständlers im Maschinen- und Anlagenbau und annähernd so hoch wie der durchschnittliche Bruttogewinn in der Branche. Kommen noch mehr Bürokratiebelastungen hinzu, droht eine weitere Verringerung der Marge und damit auch eine Schwächung der Investitionen.
Bei dem größeren Unternehmen mit einem Umsatz von 239,5 Millionen Euro in zwei untersuchten Betriebstätten liegen die Kosten für den direkten bürokratischen Aufwand der Regelungen auf Bundesebene bei einem Prozent (2,48 Millionen Euro). Dies entspricht zugleich den Kosten für die Beschäftigung von 40 vollzeitbeschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
"Die Kostenbelastung ist für die kleineren Unternehmen höher, da sich ihre Fixkosten auf geringere Produktionsmengen verteilen. Ein besonderer Fokus der Politik sollte daher auf dem Bürokratieabbau in den KMU liegen. Dabei müssen auch die indirekten Kosten mitbedacht werden: So sind zwar kleine und mittlere Unternehmen formal nicht vom kürzlich in Kraft getretenen Lieferkettengesetz betroffen. Viele von ihnen müssen ihren Großkunden aber Daten und Informationen zur Verfügung stellen, damit diese ihren neuen Pflichten nachkommen können. Die dafür nötige Datenerhebung, -aufbereitung, und -kommunikation erzeugt also schon jetzt zusätzliche Bürokratielasten bei den KMU", berichtet Prof. Dr. Friederike Welter, Präsidentin des IfM Bonn und Professorin an der Universität Siegen.
„Die bürokratische Belastung für Unternehmen ist bereits jetzt immens und sehr personalintensiv. Aus der EU drohen weitere überbordende Berichtspflichten, bei denen auch Schwellenwerte den kleinen und mittelständischen Unternehmen nichts nützen. Was wir brauchen, ist ein Moratorium sowie Praxischecks, damit die Politik die Auswirkungen der geplanten Gesetze besser einschätzen kann. Außerdem ist eine zügige Digitalisierung der Verwaltung dringend geboten, um den Unternehmen zum Beispiel die Datenübermittlung an die Behörden zu erleichtern“, ergänzt Henrik Schunk, VDMA-Vizepräsident und Vorsitzender des Kuratoriums der IMPULS-Stiftung.
Die Studie "Bürokratiekosten von Unternehmen aus dem Maschinen- und Anlagenbau" ist auf der Homepage der IMPULS-Stiftung (https://impuls-stiftung.de/studien) und des Instituts für Mittelstandsforschung (www.ifm-bonn.org) abrufbar.