Photovoltaik verdrängt Landwirtschaft
Falschmeldungen und fehlenden Kostenangaben zur Stromerzeugung auf See
Die Stromerzeugung aus Sonnenenergie soll als „im nationalen Interesse liegend“ privilegiert werden. Dann kann großflächig Ackerland mit Photovoltaik-Platten bedeckt werden. Die Stromversorgung wird so nicht verbessert, aber die Landwirtschaft wird hart getroffen. Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB erläutert, was dies für die Bauern und unsere Ernährung bedeutet.
Auf den ersten Blick ist es wirtschaftlich, Solarstrom statt Mais von den Feldern für unsere Energieversorgung zu ernten. Pro Hektar, also auf einer Fläche von etwa 1,5 Fußballfeldern, können nach Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft 700.000 Kilowattstunden (kWh) Solarstrom oder 23.000 kWh Biogasstrom im Jahr geerntet werden. Mit den garantierten Einspeisevergütungen nach dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) liegen die Hektarerträge deutlich über dem Weizenanbau. Hier werden für sechs Tonnen Weizen 1.800 Euro/Hektar erzielt.
Die wesentlich höheren Einnahmen mit dem subventionierten Solarstrom führen zu einem Run auf Freiflächen. Bisher durfte Solarstrom nur auf ungenutzten Flächen, wie ehemalige Müllhalden, Brachland oder Randstreifen an Verkehrswegen gewonnen werden. Mit der praktischen Freigabe von landwirtschaftlich genutzten Flächen kann dann auch Ackerland mit Solarplatten bedeckt werden. Die hohen Vergütungen des Solarstroms erlauben dafür hohe Pachtzahlungen, die weit über den Pachten für landwirtschaftlich genutzte Flächen liegen.
Betriebe mit Pachtland müssen aufgeben
Diese Entwicklung wird viele landwirtschaftliche Betriebe zur Aufgabe zwingen. Denn sie bewirtschaften zu 2/3 Pachtland, für das sie 300 bis 500 Euro/Hektar im Jahr zahlen. Für Solarstromflächen werden dagegen heute 500 bis 1500 Euro/Hektar geboten. Viele Betriebe verkraften diese hohen Pachten nicht und müssen aufgeben. Es droht nicht nur eine Verspiegelung der Landschaft, sondern auch eine kritische Drosselung der Produktion von Nahrungsmittel. Deutschland ist zurzeit noch auf vielen Gebieten Agra-Exportland. Die Energiewende im Namen der Weltklimarettung wird uns bald zum Agra-Importland machen, wie es bei der Stromversorgung schon geschehen ist. Die Vernichtung der Landwirtschaft folgt der Deindustrialisierung.
Von einem Hektar kann man wie schon gesagt 700.000 kWh Solarstrom oder 23.000 kWh Biogasstrom im Jahr ernten. Schon Biogasstrom mit einer EEG-Vergütung von 20 Cent/kWh führt zu einem Erlös von 4.600 Euro/Hektar. Das ist mehr als das Doppelte für landwirtschaftliche Produkte. Doch viel üppiger ist der Erlös für Solarstrom mit 56.000 Euro/Hektar. (Ende September wurden Solarinstallationen mit 8,3 Cent/kWh genehmigt). Das gilt auch nach Abzug der Finanzierungskosten für die Solaranlage. Profiteure haben das längst erkannt. Im Internet wächst die Suche nach landwirtschaftlichen Flächen für Solarstrom. Es werden hohe Pachtzahlungen geboten, die für eine wirtschaftliche Nahrungsproduktion nicht tragbar sind.
Ackerland reicht nicht für Biogasstrom
Eine Ausweitung des Biogasstroms ist nicht sinnvoll. Die Erzeugung ist zu teuer und es steht nicht genug Fläche zur Verfügung. Biogasstrom deckt acht Prozent des Strombedarfs, der mit 10,4 Prozent der Ackerfläche erzeugt wird.
Zu viel Solarstrom
Solarstrom ist vom Wetter abhängig. Er schwankt im Sommer zwischen 0 Prozent nachts und 60 Prozent zur Mittagszeit seiner installierten Leistung. Im Winter ist der Ertrag wesentlich geringer. Gibt es zu wenig Solarstrom, müssen andere Quellen die Versorgung übernehmen. Überschuss muss dagegen kostenpflichtig entsorgt werden (negative Börsenpreise), um das Netz nicht zu überlasten, denn ausreichende Stromspeicher gibt es nicht und wird es vermutlich auf lange Zeit nicht geben. In diesem Jahr hatten wir bereits 190 Stunden mit negativen Strompreisen und Entsorgungskosten im dreistelligen Millionenbereich. Die Entsorgung des teuer vergüteten Solarstroms macht ihn noch teurer – preiswerter wäre die Abschaltung der Anlagen und die Leistung der Ersatzzahlungen.
Regelstrom mit fossilen Brennstoffen
Doch das sind bei weiten nicht alle Kosten, die der schwankende Solar- und auch Windstrom nach der Netzeinspeisung verursacht. Zum Regeln des Stromnetzes auf den Bedarf sind Kraftwerke erforderlich, die unter wechselnden Lasten mehr Brennstoff verbrauchen. Wir kennen das von unseren Autos. Bei konstanter Geschwindigkeit ist der Treibstoffverbrauch am geringsten. Im Grenzfall (Dunkelflaute: nächtliche Windstille) müssen die Kraftwerke die gesamte Stromversorgung übernehmen. Das heißt, wir können auf die Kohle- und Gaskraftwerke nicht verzichten. Weitere Kosten sind der Netzausbau mit langen Trassen, die erdverlegt siebenmal teurer sind als Freileitungen, und Umspannwerke mit zusätzlichen Gleich- und Wechselrichtern. Hinzu kommen Ausfallvergütungen, wenn Solar- oder Windstromanlagen wegen Netzüberlastung abgeschaltet werden, Vergütungen für das Abschalten von Industrieanlagen bei Strommangel und weitere Zahlungen zur Stützung der Fakepower (Wind- und Solarstrom).
Teurer Solarstrom
Einschließlich der Leitungsverluste ist Fakepower, wenn sie beim Verbraucher ankommt, viermal teurer als Kraftwerkstrom. Und sie spart kaum fossile Brennstoffe ein. Denn für die Herstellung und Montage der Solar- und Windstromanlagen, sowie der Regelkraftwerke wird viel Kohle, Erdöl und Erdgas gebraucht, mit denen wir preiswert und sicher über viele Jahre den gesamten Strom bedarfsgerecht decken können. Die Installation von nicht plan- und regelbaren Fakepoweranlagen zusätzlich zu den vorhandenen Kraftwerken ist kostentreibend, bedroht die Nahrungsproduktion, vertreibt die Industrie und zerstört die Umwelt, ohne das Ziel, eine Energieversorgung ohne fossile Brennstoffe, zu erreichen.