Die nicht beachteten Eigenschaften des Wasserstoffs
Wasserstoff ist nicht die Lösung für die Energiewende
Mit der Ampelregierung häufen sich Gesetze, die Fakten nicht beachten. Dies gilt im besonderen Maß für Wasserstoff, der alleiniger Energieträger für die Energiewende werden soll. Doch die dafür verantwortlichen Politiker wissen offensichtlich nur, dass Wasserstoff zu Wasserdampf verbrennt. Prof. Dr. Ing. Hans-Günter Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB, erläutert wichtige Eigenschaften des Wasserstoffs, die kaum bekannt sind. Laien werden so in die Lage versetzt, eigenständige Bewertungen zur Verwendung von Wasserstoff als Energieträger vorzunehmen.
Wasserstoff hat das leichteste und kleinste Atom. Der Kern besteht aus einem Proton (positive Ladung) und einem Neutron (keine Ladung), um den ein negativ geladenes Elektron kreist. Stabil ist die Verbindung mit einem zweiten Wasserstoffatom zu dem Molekül H2. Es ist eine kovalente Bindung. Die Elektronen sind gleichzeitig auf den überlappenden Kreisbahnen beider Atome. Einzelne Atome stoßen dagegen ihr Elektron ab und sind als positiv geladene Ionen sehr reaktiv.
Wärmeschwingung
Die für uns tote Materie ist bei genauem Hinsehen recht turbulent. Atome und Moleküle schwingen um ihre Ruhelage. Die Schwingungsenergie messen wir als Wärme, die Schwingungsleistung als Temperatur. Leichte Atome haben größere Schwingungen und Frequenzen, um die gleiche Schwingungsenergie wie schwerere Atome zu erreichen.
Erwärmung vergrößert die Schwingungen. Die Atome boxen sich weiter auseinander. Das ist die Wärmedehnung. Wenn die Schwingungen die Bindungskräfte zwischen den Atomen aufbrechen, ist die Schmelztemperatur erreicht. Zum Verdampfen müssen die Wärmeschwingungen so groß werden, dass sie der Schwerkraft entgegenwirken. Leichte Elemente mit hochfrequenten großen Amplituden haben sehr geringe Siedetemperaturen. Wasserstoff wird erst bei – 253 °C flüssig. Das sind nur 20 °C über dem absoluten Nullpunkt, bei dem es keine Wärmeschwingungen mehr gibt. Es kostet viel Energie, Wasserstoff zur Verflüssigung auf diese niedrige Temperatur zu kühlen. Die Wärmeschwingungen steuern viele Eigenschaften der Materie. Die Wärmeausdehnung wurde bereits erwähnt.
Diffusion Kriechen:
Diffusion ist der Platzwechsel von Atomen oder Molekülen durch Wärmeschwingungen. Selbst im festen Zustand gibt es Diffusion. Das heißt, auch in einem Kristallgitter, also im festen Zustand, können Atome bei einer ausreichenden Schwingungsamplitude auf benachbarte Leerstellen (fehlende Atome) schwingen und so in dem Kristall wandern (diffundieren). Schon unter geringer Belastung kommt es zum Kriechen (bleibende Verformung durch Diffusion). Bauteile sind dann nur noch einsetzbar, solange die Verformung toleriert werden kann. Der Werkstoff ist nur noch zeitfest.
Die Grenztemperatur, ab der eine Diffusion beginnt, beträgt bei Metallen etwa 4/10 der absoluten Schmelztemperatur. Für Eisen sind das gerundet 450 °C, für Kupfer 270 °C und für Aluminium 100 °C. Den Werkstoffkundlern ist es mit Legierungselementen gelungen, das Kriechen oberhalb der Diffusionsgrenztemperatur stark zu verlangsamen. So werden heute in den Kraftwerken 600 °C über 30 Jahre beherrscht. Damit konnte der Wirkungsgrad auf 46 % klettern. (Der Durchschnitt der Kraftwerke liegt bei 40 %.)
Die Diffusion in Keramiken beginnt erst bei 8/10 der absoluten Schmelztemperatur. Keramiken wären ideale Werkstoffe für Motoren und Turbinen. Leider sind sie wegen ihrer großen Sprödigkeit nicht betriebssicher.
Diffusion durch Stahlwände:
Die kleinen Wasserstoffatome diffundieren leicht durch kristalline Stoffe. Sie nutzen dazu die Zwischengitterplätze. Das ist der Raum zwischen den kugelförmigen Atomen. Besonders gut ist die Diffusion durch Metalle, weil sie, wie Metalle, positiv geladene Ionen bilden.
Wird ein normaler Stahltank mit komprimiertem Wasserstoff gefüllt, ist nach ein bis zwei Wochen die Hälfte des Wasserstoffs verschwunden.
Diffusion durch Versprödung:
Treffen sich diffundierende Wasserstoffatome in Versetzungen (linienförmige Kristallfehler) von Metallen, bilden sie beständige H2-Moleküle, die die Versetzungen blockieren. Die plastische Verformung ist ein Verschieben von Versetzungen. Das ist dann nicht mehr möglich.
Der Stahl wird spröde und bricht ohne Vorwarnung bei örtlicher Überbeanspruchung wie Glas.
Dissoziation
Dissoziation ist das Auseinanderreißen von chemischen Verbindungen durch Wärmeschwingungen.
Die leichten Wasserstoffatome mit ihren großen Schwingungsamplituden trennen sich oberhalb von 1.000 °C vom Sauerstoff und bilden das beständige Molekül H2. Der Wasserdampf dissoziiert zu Sauerstoff und Wasserstoff. Im Umkehrschluss heißt das, Wasserstoff kann oberhalb von 1.000 °C keinen Sauerstoff mehr binden.
Die Reduktion von Eisenerz mit Wasserstoff zu Eisen muss daher unter 1000 °C im festen Zustand erfolgen, denn Eisen schmilzt erst bei 1536 °C. Dazu wird reines Eisenerz zu kleiner Körnung gemahlen und in geschlossenen Behältern auf 800 bis 900 °C erhitzt. Nach sorgfältigem Austreiben der Luft, um Explosionen zu vermeiden, wird Wasserstoff eingeleitet. Der bindet den Sauerstoff des Erzes zu Wasserdampf, der durch ein Ventil entweicht. Zurück bleibt poröses Eisen, der Eisenschwamm. Ob Eisenschwamm auch kontinuierlich in Schachtöfen sicher erzeugt werden kann, ist offen. Die Explosionsgefahr ist weitaus höher als die Reduktion mit Kohle im Hochofen. Der Eisenschwamm soll dann in Elektro-Lichtbogenöfen (Leistung bis 100 Megawatt) eingeschmolzen und zu den gewünschten Stahlsorten legiert werden.
Die Stahlherstellung mit grünem Wasserstoff ist mehr als 10-mal teurer als mit den derzeitigen Verfahren.
Wasserstoff-ready
Das Schlagwort kennt fast jeder. Doch was steckt dahinter? Im Internet ist wenig zu finden. Es dürften drei Eigenschaften des Wasserstoffs sein.
1. Diffusion:
Über Wasserstoffverluste aus Stahlbehältern und Versprödung von Stählen durch Diffusion wurde bereits berichtet. Ob Auskleidungen von Behältern und Rohrleitungen die Diffusion merklich reduzieren, ist offen. Unbekannt ist der Verlust von Wasserstoff in Salzkavernen durch Diffusion in den Salzstock. Im Kavernenfeld Etzel in Ostfriesland sind dazu Versuche geplant. Ende dieses Jahres sollen zwei Kavernen mit Wasserstoff befüllt werden. Ende 2026 werden erste Ergebnisse erwartet.
2. Gasvolumen bei der Verbrennung:
Aus 1 m³ Erdgas + 5 m³ Luft werden 7 m³ Abgas + 10 KWh Wärme.
Aus 3 m³ Wasserstoff + 7,5 m³ werden 10,5 m³ Abgas + 10 kWh Wärme.
Zum Erzeugen der gleichen Wärmemenge muss das dreifache Wasserstoff-Volumen verbrannt werden und das Abgasvolumen steigt um 50 Prozent. Eine so große Zunahme der Volumen von Brenngas und Abgas erfordert andere Brenner und Wärmetauscher. Nur ein Wechsel der Brennerdüse reicht nicht.
Der geringe Energiegehalt von Wasserstoff erfordert darüber hinaus ein dreimal größeres Speichervolumen und größer dimensionierte Gasleitungen gegenüber Erdgas. Diese Anforderung dürfte bei den Planern der Energiewende noch nicht angekommen sein.
3. Keine Wärmestrahlung bei der Verbrennung von Wasserstoff
Die Verbrennung von Wasserstoff führt zu einer Flamme, die kaum Wärme abstrahlt. Dicht neben der Flamme ist keine Wärme mehr zu spüren. Wärmestrahlen sind elektromagnetische Wellen im Infrarot-Bereich, die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten. Die Strahlung entsteht durch Sprünge der um den Atomkern kreisenden Atome auf geringere Energieniveaus. Die Energiedifferenz wird als elektromagnetische Welle frei. Jedes Element strahlt mit spezifischen Wellenlängen. Durch Messung der Wellenlänge kann man die strahlenden Elemente ermitteln. Das ist eine wichtige Analysenmethode.
Energiereiche Strahlung ist kurzwellig und durchdringt Materie (Röntgenstrahlung). Licht hat längere Wellen. Noch länger ist die Infrarotstrahlung, die als Wärmestrahlung bekannt ist. Diese Strahlung kann ihre Energie auf Atome oder Moleküle übertragen und so die Schwingungsenergie erhöhen. Wasserstoff emittiert mit nur einem kreisenden Elektron nur wenige elektromagnetische Wellenlängen. Infrarot ist nur minimal vertreten.
Das Fehlen von Wärmestrahlung verlangt größere Wärmetauscher, weil der Wärmeübergang weitgehend durch Kontaktleitung, (Aneinanderstoßen benachbarter Atome oder Moleküle) erfolgen muss.
Wasserstoff wird teuer
Die beschriebenen Eigenschaften des Wasserstoffs, die durch Gesetze nicht verändert werden können, müssen zu einer Vervielfachung der Energiekosten führen, wenn Wasserstoff, wie geplant, Hauptenergieträger werden soll. Die Annahme, durch Verbrennung von Wasserstoff zu Wasserdampf könne das Weltklima gerettet werden, ist ein Wunsch aus dem Märchenland. Wir brauchen für technische Entscheidungen von Fachleuten und nicht Wunschvorstellungen von Ideologen.