Prof. Appel NAEB
Die Physikschwäche der Weltklimaretter und Energiewender
Wer behauptet, mit Windgeneratoren und Fotovoltaik könne Deutschland sicher und preisgünstig mit Strom versorgt werden, kennt den Unterschied zwischen Leistung und Energie nicht.
Die Vorsitzende der „Grünen“, Annalena Baerbock, hat in einer Fernsehrunde behauptet: Strom würde im Netz gespeichert. Das sei alles ausgerechnet. Dies dürfte nur die Spitze der Unkenntnis über einfache physikalische Zusammenhänge sein, die bei vielen Politikern und auch bei unseren Ministern immer wieder sichtbar wird. Offensichtlich haben die meisten Politiker die Naturwissenschaften in der Schule abgewählt und später Soziologie, Politologie oder Rechtswissenschaften studiert. Eine Reihe aus dieser Gruppe hat das Studium ohne Abschluss aufgegeben.
Im Bundestag sind vorwiegend Juristen, Soziologen und Politologen vertreten. Naturwissenschaftler und Ingenieure muss man mit der Lupe suchen. Das ist nicht weiter tragisch, wenn sich die Volksvertreter ihrer Kenntnislücken bewusst sind und sich umfassend von Fachleuten beraten lassen. So agieren gute Richter, die ich als Gutachter schätzen gelernt habe. Sie informieren sich, bis die Zusammenhänge ihnen klar sind.
Die Politiker der Energiewende haben ihre Ideologie, die heißt: Die Erde wird durch Kohlenstoffdioxid (CO2) aus fossilen Brennstoffen gefährlich erwärmt. Daher dürfen Kohle, Erdöl und Erdgas nicht weiter als Treibstoff und zur Wärme- und Stromerzeugung genutzt werden. Das ist für die Ideologen eine nicht mehr hinterfragbare Wahrheit. Zum Erreichen des Zieles spielen weder die Wirtschaftlichkeit noch die naturwissenschaftliche Gesetze eine Rolle. Die freie Marktwirtschaft wird aufgegeben und die Naturgesetze werden missachtet.
Erläutern lässt sich das schon allein an der Definition von Leistung und Energie. Leistung ist die Energie, die in einer Sekunde abgegeben wird. Sie wird in Watt (W) gemessen. Wenn wir einen Staubsauger mit 1.000 Watt Leistung (= 1 Kilowatt = 1 kW) eine Stunde nutzen, haben wir die Energie von einer Kilowattstunde (kWh) verbraucht, für die wir mehr als 30 Cent bezahlen müssen. Energie ist also Leistung mal Zeit.
Zur Stromversorgung muss jederzeit die geforderte Leistung geliefert werden. Das ist nur möglich, wenn die Anlagen zur Stromerzeugung mehr regelbare Leistung erzeugen können als maximal gebraucht wird. In Deutschland schwankt die Netzleistung zwischen 40 und 80 Gigawatt (1 GW = 1 Million Kilowatt = 1 Großkraftwerk). In Deutschland brauchen wir also regelbare Stromerzeuger mit einer gesicherten maximalen Leistung von 80 GW. Dazu gehören neben den Kohle-, Gas- und Kernkraftwerken nur noch die Wasserkraftwerke, die jedoch mit einer Gesamtleistung von rund 5,5 GW nur wenig zu einer gesicherten Stromversorgung beitragen.
Mit dem gesetzlich verankerten Abschalten der Kern- und Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren ist eine ausreichende Netzleistung nicht mehr gesichert. Bereits jetzt werden bis zu 10 GW bei hohen Leistungsanforderungen importiert. Am 8. Oktober dieses Jahres mussten kurzzeitig dafür 44,29 Cent je Kilowattstunde bezahlt werden. Dies sollte eine Warnung für die Politik sein. Gehen weitere Kraftwerke vom Netz, werden die Importkosten kräftig steigen. Schlimmer wird es noch, wenn unsere Nachbarn wegen Eigenbedarf keinen Strom mehr liefern können und werden.
Keine gesicherte Leistung können Wind- und Solaranlagen liefern. Ihre Leistung ist vom Wetter abhängig. Bei Starkwind und Sonnenschein werden etwa 60 Prozent der installierten Leistung erreicht. Nächtliche Flaute lässt die Leistung auf Null absinken. Die Windleistung variiert mit der dritten Potenz der Windgeschwindigkeit. Bei halber Windgeschwindigkeit sinkt die Leistung auf ein Achtel. Schiebt sich eine Wolke vor die Sonne, fällt die Leistung von Fotovoltaik-Anlagen auf die Hälfte oder mehr ab. Das bedeutet, Kraftwerke müssen nicht nur die Netzleistung sichern, sondern auch noch die schwankenden Leistungen der Wind- und Solaranlagen auf den Bedarf regeln. Für eine gesicherte Stromversorgung können wir auf kein einziges Kraftwerk verzichten.
Mit der Lade-Leistung für Elektroautos kann man auch erläutern, welcher Unsinn den Autofahrern zugemutet wird. Private Ladesteckdosen haben eine Leistung von 11 Kilowatt. Die Ladezeit für 100 kWh beträgt 9 Stunden. Dann kann man knapp 500 Kilometer fahren. Öffentliche Ladesäulen liefern meistens eine Leistung von 22 kW. Die Ladezeit wird auf die Hälfte verkürzt. Tankt man dagegen 30 Liter Benzin in 5 Minuten, das für die gleiche Fahrstrecke reicht, beträgt die Ladeleistung 1200 kW. Das Laden von Elektroautos ist zeitaufwendig und benötigt hohe Netzleistungen, also mehr regelbare Stromerzeuger. Nach Berichten im Internet werden die Teilnehmer der derzeitigen Weltklimakonferenz in Schottland aus ideologischen Gründen mit Elektroautos von Tesla zu den Tagungen gefahren. Da es vor Ort nicht genug Ladesäulen und ausreichende Leistung gibt, werden die Autobatterien mit Dieselgeneratoren geladen.
Es wird höchste Zeit für die Ideologen, wieder in die reale Welt zurückzukehren und optimale Lösungen für die Energieversorgung zu suchen. Es darf in keiner Richtung Tabus geben. Fachleute müssen wieder gehört werden, und echte Diskussionen mit konträren Sichten müssen wieder möglich sein. Die Ausgrenzung von Mitbürgern, die Erkenntnisse gegen die Regierungsrichtung äußern, muss aufhören. Diese Forderung sollte auch von den Medien verbreitet werden, statt Ausgrenzungen zu loben. Es wird spannend, ob die Regierung einen solchen Weg einschlägt oder in Ideologien verharrt.