Dr. Hontschik

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Der Kahlschlag bei den Krankenhäusern geht weiter

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Es gibt zwei alarmierende Entwicklungen im deutschen Krankenhauswesen: Die zunehmende Privatisierung und der Kahlschlag, der auch im Jahr 2021 unvermindert anhielt. Dr. med. Bernd Hontschik legt den Finger in die Wunde.

Bei einer Wanderung im Vogelsberg im vergangenen Jahr haben Freunde von mir eine tolle Geschichte erlebt: Sie saßen in ihrer gewohnten kleinen Pension beim Frühstück einem Mann gegenüber, der mit seinem eleganten schwarzen Anzug und Krawatte nicht so recht hierher passte. Da kam der Wirt an ihren Tisch und sagte, man möge ihn für eine Viertelstunde entschuldigen und ging mit dem unbekannten Mann weg. Einige Zeit später war er wieder da.

Auf die Frage, was denn los gewesen sei, erzählte er, er habe gerade eine Spritztour mit einem Bentley machen dürfen. Ein tolles Auto sei das, diese Chance konnte er sich nicht entgehen lassen. Der Wagen gehöre aber gar nicht dem Mann, dieser sei bloß der Fahrer. Dessen Chef sei der Vorstandsvorsitzende eines Klinikkonzerns, und dieser sei hier „auf Einkaufstour“. Die Pension sei nur „für das Personal“, der Chef sei natürlich in einem Vier-Sterne-Hotel untergebracht. Er lasse sich über Land fahren und besichtige Krankenhäuser, die er möglicherweise bald kaufen könne. Diese Geschichte mag vielleicht ausgedacht klingen, aber sie ist tatsächlich so geschehen.

Dazu muss man wissen, dass es zwei alarmierende Entwicklungen im deutschen Krankenhauswesen gibt. Die eine ist die zunehmende Privatisierung, mit der immer mehr Krankenhäuser in das Eigentum von börsennotierten Klinikkonzernen geraten. Dafür lässt sich der Herr Direktor über Land fahren. Die andere Entwicklung ist der Kahlschlag, der auch im Jahr 2021 unvermindert anhielt.

Es ist im vergangenen Jahr zu weiteren neun Klinikschließungen gekommen, außerdem zu 22 Teilschließungen. Solche Teilschließungen betreffen zumeist Kinderkliniken und Kreißsäle, die mit den gültigen Fallpauschalen nicht gewinnbringend arbeiten können und sind fast immer Vorboten der baldigen kompletten Schließung des Krankenhauses. Für die nähere Zukunft sind bereits 31 Klinikschließungen beschlossen, und weitere

19 Krankenhäuser sind in ihrer Existenz bedroht. Längst herrscht nach jahrelangem Klinikabbau ein bundesweiter Notstand: Gab es vor dreißig Jahren in Deutschland noch 2.411 Kliniken mit insgesamt 666.000 Betten, so waren es im Jahr 2019 nur noch 1.914 Kliniken mit 494.000 Betten. Ein Fünftel der Krankenhäuser ist verschwunden, und mit ihnen ein Viertel der Krankenhausbetten. Und da fast vierzig Prozent unserer Krankenhäuser reine Fachkliniken sind, bleiben für die Allgemeinversorgung nur noch etwa 1200 Kliniken übrig, von denen wiederum nur 845 einen Kreißsaal und nur 339 eine Kinderklinik vorhalten.

Die Initiative „Gemeingut in BürgerInnenhand“ hat am 22. Februar im Bundesgesundheitsministerium 15760 Unterschriften der Petition „Bundesweite Krankenhausschließungen jetzt stoppen!“ übergeben. Der parlamentarische Staatssekretär Egon Franke hat sie entgegengenommen.

Dass Karl Lauterbach sie nicht höchstpersönlich entgegennehmen konnte, kann man verstehen. Er hat zur Zeit sehr viel zu tun. Aber das schadet in diesem Fall überhaupt nichts, denn er kennt die Forderungen. Er kennt die Petition sogar ganz genau: Er hatte sie ja am 30. Mai vergangenen Jahres als einer der Ersten selbst unterschrieben. Man darf gespannt sein, ob der Minister Lauterbach umsetzen wird, was der Gesundheitspolitiker Lauterbach vor kurzem noch unterschrieben hat.

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