Begründung zum Entwurf des Ukrainisch-Russischen Friedensvertrags
Gliederung
1. Die Dringlichkeit des Kriegsendes
2. Kriegsgefahr für Deutschland
3. Die ukrainische Vorgeschichte
3.1 Ukraine und EU
3.2 Der Sprachenstreit
3.3 Acht Jahre Donbass-Krieg
5. Die russische Vorgeschichte
5.1 Russland und die USA
5.2 Georgien, Amerikas Vorwand
5.3 Russland und die NATO
7. Die Bedeutung von Kriegsverbrechen
7.1 Die psychologische und politische Wirkung
7.2 Das Butscha-Massaker
7.3 Der Retroville-Kaufhaus-Beschuss
7.4 Beiderseitige Kriegsverbrechen
7.5 Die Gültigkeit des Kriegsvölkerrechts
8. Die Abwägung der Rechtsgrundlagen und Rechtsauffassungen
9. Verhandlungen und Vertragspartner
9.1 Beteiligungsempfehlungen
9.2 Warnung vor Beteiligungen
9.3 Orte der Verhandlungen
9.4 Die Anbahnung von Verhandlungen
Die Dringlichkeit des Kriegsendes
Die bisherigen Reaktionen der Bundesregierungen auf die russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen steigerten sich nach der anfänglich erfolgreichen Vermittlung des Minsk II Abkommens seit Kriegsbeginn zu immer intensiverer, mittelbarer Kriegsbeteiligung. Das führte trotz des immer wieder einsetzenden Bedenkens und Sträubens von Bundeskanzler Scholz zunächst zur Lieferung von Schutzwesten und Stahlhelmen, dann zur Lieferung von Radfahrzeugen, dann Artilleriegeschützen und Munition, dann Flugabwehr-Panzern und Flugabwehrraketen bis hin zu Kampfpanzern. Nach sorgfältigem Abwägen und Zögern hat die deutsche Bundesregierung letztendlich stets den sich steigernden Forderungen der Ukraine, dem Druck der Bündnispartner und vieler deutscher Medien und deutscher Parlamentarier nachgegeben und geliefert. Jetzt stehen eine deutsch-ukrainische-Rüstungskooperation auf der Tagesordnung, und die Lieferung von Kampfflugzeugen und Marschflugkörpern steht auf der ukrainischen Forderungsliste. Wegen der ukrainischen militärischen Erfolglosigkeit und Erschöpfung und wegen des nicht nachlassenden Drucks auf die Bundesregierung ist nicht zu erwarten, dass sie dieser zunehmenden Verstrickung in die mittelbare Kriegsbeteiligung widerstehen wird. Dem können Deutschland und die Bundesregierung nur entkommen, wenn der Krieg ein rasches Ende findet.
Selbst eine direkte Beteiligung von Teilen der Bundeswehr ist bei anhaltender Kriegsdauer und weiterer Abnutzung der ukrainischen Streitkräfte nicht mehr auszuschließen. Je öfter die Bundesregierung die Solidaritätsbekundungen und Versprechungen der EU und der NATO an die Ukraine übernimmt, desto schwieriger wird es für Deutschland werden, aus dieser Sackgasse der mittelbaren Kriegsbeteiligung heraus und zu einer Konfliktlösung zu finden.
Einer der ganz wenigen strategisch denkenden deutschen Kommentatoren, der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses und frühere Vorsitzende des NATO-Russland-Rats General Kujat, bezeichnete die Lage in einem Interview bereits am 31.August und wiederholt danach nicht mehr nur als ein Risiko, sondern als „reale Gefahr“, dass der noch lokale Russisch-Ukrainische Krieg zu einem Dritten Weltkrieg ausufert. Das Wort „strategisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang, eine Entwicklung bis zu ihrem Ende zu durchdenken.
Fataler Weise hat die Deutsche Bundesregierung ihre politische und moralische Entscheidungsfreiheit über eine spätere Kriegsbeteiligung Deutschlands an einem gegebenenfalls ausufernden Ukraine-Krieg de facto an die Ukraine abgetreten. Sie hat der ukrainischen Regierung durch ihre immer wiederholten Beistandsversprechen, verbunden mit den Solidaritätsbekundungen innerhalb von NATO und EU einen Blanko-Scheck für die Endlos-Fortsetzung des Krieges ausgestellt. Dieser Tage, am 16. Februar in Berlin, ist das nächste Ewigkeitsversprechen Deutschlands zur Kriegsunterstützung der Ukraine in Form einer schriftlichen, bilateralen „Sicherheitsvereinbarung“ vorgesehen. Sie soll einem Rundfunkkommentar zu Folge bis zur Aufnahme der Ukraine in die NATO gelten. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre „Ermunterungen“ in Richtung Kiew und ihre Bekräftigungen in Richtung NATO einstellt. Mit jeder neuen, solchen Zusage wird die Tür zu Friedensverhandlungen ein weiteres Mal zugeknallt.
Die ukrainisch-russische Auseinandersetzung wird in den deutschen Medien und im „Politikbetrieb“ seit Jahren asymmetrisch beschrieben. Es werden dabei sowohl die ukrainische Vorgeschichte als auch die russische Vorgeschichte ausgeblendet und die ukrainischen Rechts- und Vertragsbrüche und die massiven ukrainischen Kriegsverbrechen unterschlagen. Ich schildere diese Bereiche nacheinander, ehe ich auf die erforderlichen Modalitäten des vorgeschlagenen ukrainisch-russischen Friedensvertrags eingehe.
Kriegsgefahr für Deutschland
Die bisherigen Reaktionen der Bundesregierungen auf die russisch-ukrainischen Auseinandersetzungen steigerten sich nach der anfänglich erfolgreichen Vermittlung des Minsk II Abkommens seit Kriegsbeginn zu immer intensiverer, mittelbarer Kriegsbeteiligung. Das führte trotz des immer wieder einsetzenden Bedenkens und Sträubens von Bundeskanzler Scholz zunächst zur Lieferung von Schutzwesten und Stahlhelmen, dann zur Lieferung von Radfahrzeugen, dann Artilleriegeschützen und Munition, dann Flugabwehr-Panzern und Flugabwehrraketen bis hin zu Kampfpanzern. Nach sorgfältigem Abwägen und Zögern hat die deutsche Bundesregierung letztendlich stets den sich steigernden Forderungen der Ukraine, dem Druck der Bündnispartner und vieler deutscher Medien und deutscher Parlamentarier nachgegeben und geliefert. Jetzt stehen eine deutsch-ukrainische-Rüstungskooperation auf der Tagesordnung, und die Lieferung von Kampfflugzeugen und Marschflugkörpern steht auf der ukrainischen Forderungsliste. Wegen der ukrainischen militärischen Erfolglosigkeit und Erschöpfung und wegen des nicht nachlassenden Drucks auf die Bundesregierung ist nicht zu erwarten, dass sie dieser zunehmenden Verstrickung in die mittelbare Kriegsbeteiligung widerstehen wird. Dem können Deutschland und die Bundesregierung nur entkommen, wenn der Krieg ein rasches Ende findet.
Selbst eine direkte Beteiligung von Teilen der Bundeswehr ist bei anhaltender Kriegsdauer und weiterer Abnutzung der ukrainischen Streitkräfte nicht mehr auszuschließen. Je öfter die Bundesregierung die Solidaritätsbekundungen und Versprechungen der EU und der NATO an die Ukraine übernimmt, desto schwieriger wird es für Deutschland werden, aus dieser Sackgasse der mittelbaren Kriegsbeteiligung heraus und zu einer Konfliktlösung zu finden.
Einer der ganz wenigen strategisch denkenden deutschen Kommentatoren, der ehemalige Vorsitzende des NATO-Militärausschusses und frühere Vorsitzende des NATO-Russland-Rats General Kujat, bezeichnete die Lage in einem Interview bereits am 31.August und wiederholt danach nicht mehr nur als ein Risiko, sondern als „reale Gefahr“, dass der noch lokale Russisch-Ukrainische Krieg zu einem Dritten Weltkrieg ausufert. Das Wort „strategisch“ bedeutet in diesem Zusammenhang, eine Entwicklung bis zu ihrem Ende zu durchdenken.
Fataler Weise hat die Deutsche Bundesregierung ihre politische und moralische Entscheidungsfreiheit über eine spätere Kriegsbeteiligung Deutschlands an einem gegebenenfalls ausufernden Ukraine-Krieg de facto an die Ukraine abgetreten. Sie hat der ukrainischen Regierung durch ihre immer wiederholten Beistandsversprechen, verbunden mit den Solidaritätsbekundungen innerhalb von NATO und EU einen Blanko-Scheck für die Endlos-Fortsetzung des Krieges ausgestellt. Dieser Tage, am 16. Februar in Berlin, ist das nächste Ewigkeitsversprechen Deutschlands zur Kriegsunterstützung der Ukraine in Form einer schriftlichen, bilateralen „Sicherheitsvereinbarung“ vorgesehen. Sie soll einem Rundfunkkommentar zu Folge bis zur Aufnahme der Ukraine in die NATO gelten. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre „Ermunterungen“ in Richtung Kiew und ihre Bekräftigungen in Richtung NATO einstellt. Mit jeder neuen, solchen Zusage wird die Tür zu Friedensverhandlungen ein weiteres Mal zugeknallt.
Die ukrainisch-russische Auseinandersetzung wird in den deutschen Medien und im „Politikbetrieb“ seit Jahren asymmetrisch beschrieben. Es werden dabei sowohl die ukrainische Vorgeschichte als auch die russische Vorgeschichte ausgeblendet und die ukrainischen Rechts- und Vertragsbrüche und die massiven ukrainischen Kriegsverbrechen unterschlagen. Ich schildere diese Bereiche nacheinander, ehe ich auf die erforderlichen Modalitäten des vorgeschlagenen ukrainisch-russischen Friedensvertrags eingehe.
Die ukrainische Vorgeschichte
Ukraine und EU
Die Ukraine schloss im November 2011 ein Freihandelsabkommen mit Russland und verhandelte 2012 und 13 mit der EU über ein Assoziierungsabkommen. Sie versuchte, sich den einen Markt zu erschließen, ohne den anderen zu verlieren. Die ukrainische Regierung unter Ministerpräsident Asarow hatte dabei die Absicht, die EU-Annäherung mit der Mitgliedschaft in Russlands Freihandelszone zu verbinden, was die Russen nach anfänglichem Widerstand bereit waren zu verhandeln, was die EU-Kommission unter Kommissionspräsident Barroso aber rundheraus abgelehnt hat. Die EU versuchte de facto, einen „Alleinvertretungsanspruch“ für den zukünftigen Außenhandel der Ukraine durchzusetzen. Damit war Staatspräsident Janukowytschs ursprüngliche Absicht gescheitert, die Ukraine wirtschaftlich und politisch als Brücke zwischen Ost und West zu etablierten.
Als die Verhandlungen mit der EU in ihre „heiße Phase“ traten, befürchtete Ukraine´s Staatspräsident Janukowytsch realistisch, dass die Wirtschaft der Ukraine bei der Anpassung an die EU deren Konkurrenzdruck wirtschaftlich und technisch nicht gewachsen sein würde, wie zuvor die DDR der BRD. Er fordert eine 160 Milliarden Euro umfassende Anpassungs-Beihilfe von der EU, und die EU lehnte ab, was verständlich war.
Ein zweites Hindernis war der von der EU angebotene Assoziierungsvertrag. Die Ukraine sollte sich nach dem Vertrag den Westimporten öffnen, ihr selbst aber wurden nur minimale Ausfuhrquoten zugestanden. Die Ukraine bekam bei Verlust des Russland-Marktes für Ihre jährlich 30 Millionen Tonnen Export-Weizen nur eine 200.00 Tonnen Ausfuhrquote in die EU zugestanden. Das waren 0,7 % des Weizens, auf dessen Ausfuhr und die Einnahmen die Ukraine angewiesen war. Bei Fleischwaren waren es 2% und bei Stahlexporten ähnlich wenig. Daraufhin legte Janukowytsch den Assoziierungsvertrag erst einmal für ein Jahr auf Eis, um Zeit für Neuverhandlungen zu haben. EU Kommissionspräsident Barroso drohte Janukowytsch daraufhin unverhohlen „Wenn Sie nicht unterschreiben, tut es der nächste Präsident“.
( als wüsste er, dass ein Machtwechsel bereits in Vorbereitung wäre. ) Barrosos Anmaßung war neben der unglücklichen Staatszuordnung der Krim das zweite Samenkorn, das später als Ukraine-Krieg aufging. Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat den Versuch der EU-Kommission, „die Ukraine vor die Wahl zu stellen, sich zwischen West und Ost zu entscheiden“ damals scharf verurteilt und als „Größenwahnsinn der EU“ bezeichnet. Er hat dabei 2014 schon gewarnt, dass solch´ Verhalten zu einem Kriege führen kann.
Staatspräsident Janukowitsch hat also die Assoziierung der Ukraine mit der EU nicht aus Russlandaffinität „platzen lassen“, wie eine Nachrichtensprecherin der ARD (22.11.2023 ) berichtet hat, sondern er hat sie aus Verantwortung für die ukrainische Wirtschaft um ein Jahr verschoben.
Der Meinungsdruck in der Ukraine für einen wirtschaftlichen Westanschluss und eine spätere EU-Mitgliedschaft war aber inzwischen in der ukrainischen Bevölkerung so stark, dass Janukowytsch diese Entscheidung nicht überstand. Er wurde gestürzt, und es kam zum sogenannten Maidan-Aufstand.
Der Sprachenstreit
Der Janukowytsch-Sturz löste den innerukrainischen Sprachenstreit und in dessen unmittelbarer Folge den innerukrainischen Separationskrieg aus. Am 22. Februar 2014 war der ukrainische Staatspräsident Janukowytsch an der geplanten EU-Assoziation gescheitert und gestürzt worden. Tags darauf, am 23. Februar erließ der Übergangspräsident Turtschynow ein Sprachengesetz, das Ukrainisch zur alleinigen Landessprache erklärte und damit Russisch – die bisher zweite Landessprache - als Amts-, Schul- und Gerichtssprache in den russischsprachigen Städten und Oblasten verbot. Die Muttersprache ist jedoch – mehr noch als die formale Staatsangehörigkeit - ein wesentlicher Teil der persönlichen Identität. So kam es sofort nach Erlass des Gesetzes zu Unruhen in den mehrheitlich russischsprachigen Städten von Odessa bis Mariupol, auf der Krim und in den zwei Ostoblasten Lugansk und Donezk.
Mit dem Turtschynowschen Sprachengesetz hatte die ukrainische Zentralregierung außerdem gegen die „Europäische Charta der Regionalsprachen“ verstoßen. Mit der Ratifizierung dieser Charta hatte sich die Ukraine 2003 verpflichtet, die Regionalsprachen im eigenen Land zu schützen.
Acht Jahre Donbass-Krieg
Zeitgleich mit der Abspaltung der Krim brodelte es auch in den ostukrainischen Städten und Oblasten. In Städten wie Odessa mit 65 % Russisch Sprechenden und Mariupol mit 90 % Russisch Sprechenden und im heiß umkämpften Krematorsk mit 68 % solchen Bewohnern und in den Oblasten Lugansk und Donezk herrschte Russisch als Muttersprache vor. ( Zahlen aus der Volkszählung 2001 ) Damit waren die Unruhen 2014 als Folge des antirussischen Sprachengesetzes vorprogrammiert.
Am 7. und 28. April 2014 – zwei bis fünf Wochen nach Turtschinows Sprachengesetz - erklären sich zuerst der Oblast Donezk mit 75 % russischsprachiger Bevölkerung, dann der Oblast Lugansk mit 69 % russischsprachiger Bevölkerung, zu selbständigen Volksrepubliken. In einem Referendum im Mai 2014 stimmen über 90 % der Befragten in beiden Oblasten für ihre Unabhängigkeit von Kiew. Die ukrainische Zentralregierung setzte daraufhin Militär dagegen ein und schlug dort und andernorts ähnliche Bestrebungen in wochenlangen Straßenkämpfen nieder. So wurden vom 12. April bis zum 5. Juli die „Putschisten“ in einer „Anti-Terror-Operation“ in Odessa, Mariupol und im westlichen Donbass, z. B in Krematorst, Slowjansk und weiteren Städten geschlagen und vertrieben. Seitdem tobt im Donbass der lokale Sezessionskrieg.
Was zur Beurteilung der Kriegshandlungen der „Anti-Terror-Operation“ fehlt, ist eine Berichterstattung in den westlichen Medien. Nach nicht überprüfbaren Berichten begann die Operation mit einem Einsatz von etwa 100.000 Soldaten der regulären ukrainischen Streitkräfte gegen etwa 30.000 Separatisten. 80 % der Gefallenen sollen am Anfang separatistische Kämpfer gewesen sein. Berichte, die dennoch zur Verfügung stehen, stammen in der Regel aus der Schweiz. So ist auf diesem Umweg bekannt geworden, dass 2014 ukrainische Kompanien und ganze Bataillone mit Russisch sprechenden Soldaten mit ihren Waffen auf die Seite der Separatisten übergelaufen sind, und dass Russisch sprechende Ukrainer zu Hunderttausenden aus den umkämpften Gebieten in Auffanglager ins benachbarte Russland geflohen sind. Unsere Medien berichteten stattdessen nur von „nach Russland entführten Ukrainern“.
Russland unterstützte zwar die russischen Separatisten in den abtrünnigen Oblasten, aber es griff den territorialen Bestand der Ukraine bis 2022 selbst nicht an. Dennoch behauptete der damalige NATO-Generalsekretär Rasmussen schon im September 2014, „Russland greife die Ukraine an“, was die im Land befindlichen OSZE-Beobachter nicht bestätigen konnten. Putin forderte stattdessen Anfang Mai 2014 die Anführer der zwei abtrünnigen Oblaste auf, ihre geplanten Referenden zu verschieben, um mögliche Verhandlungen nicht zu blockieren. Nach den Referenden erkannte er die Selbständigkeit von Lugansk und Donezk acht Jahre lang nicht an. Vielmehr versuchte er, auf den zwei Minsker Konferenzen im September 2014 und im Februar 2015 zusammen mit Frankreich und Deutschland eine gedeihliche Regelung für Lugansk und Donezk als halbautonome Oblaste innerhalb der Ukraine zu arrangieren.
Was an den deutschen Berichterstattungen von damals auffällt, ist, dass von 2014 bis 2022 nichts über das Leid der betroffenen Bevölkerungen, über die Zerstörungen im Donbass, über das Flüchtlingselend und über ukrainische Kriegsverbrechen berichtet worden ist. Immerhin meldete die OSZE für diesen Zeitraum etwa 14.000 Todesopfer in den zwei umkämpften Ostoblasten. Damit gab es auch keine allgemeine Empörung darüber im Deutschen Bundestag und in der Bevölkerung, wie sie acht Jahre später beim russischen Angriff auf die Ukraine losbrach.
Der Anschluss der Krim an die Russische Föderation und der innerukrainische Separationskrieg waren die Folge einer verhängnisvollen Kette, begonnen vom unglücklichen Assoziierungsangebot der EU an die Ukraine, über die Vertragsverschiebung um ein Jahr durch Janukowytsch, über den Janukowytsch-Sturz bis hin zum verhängnisvollen Verprellen des russischsprechenden großen Anteils des ukrainischen Staatsvolks durch Turtschynow mit seinem Sprachengesetz. Ich rate, diese unglückliche Verkettung beim Versuch eines ukrainisch-russischen Interessenausgleichs nicht außer Acht zu lassen und die Entwicklung zum Kriege hin nicht vor allem Russland anzulasten.
Zur rechtlichen Bewertung der Abspaltung von Staatsteilen aus der bisherigen Ukraine ist ein Grundsatzurteil zu bedenken, das der Internationale UN-Gerichtshof in den Haag im Fall der Kosovo-Unabhängigkeit am 22. Juli 2010 entschieden und ausgeführt hat. Die Entscheidung besagt, dass „das allgemeine Völkerrecht kein irgendwie festgelegtes Verbot einer Unabhängigkeitserklärung“ kennt, wenn die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung eines zusammenhängenden Gebiets sich in demokratisch herbeigeführter Willensbildung dafür entscheidet, sich vom bisher zugehörigen Staatsgebiet abzuspalten. Es muss sich auch dem juristisch nicht vorgebildeten Betrachter die Frage stellen, warum die Abspaltung Estlands, Lettlands und Litauens mit je 2 Millionen Einwohnern plus/minus von der Sowjetunion von allen NATO- und EU-Staaten begrüßt und anerkannt worden ist und die Abspaltung der Krim-Bevölkerung mit ihren 2,3 Millionen Einwohnern ein Völkerrechtsverstoß gewesen sein soll.
Der Sprachenstreit seit 2014 und der achtjährige Bürgerkrieg mit seiner Härte und den Kriegsverbrechen an einem Teil der ostukrainischen Bevölkerung schließen ein gedeihliches Miteinander von Ukrainern und der starken russischen Minderheit in einem Staat in Zukunft aus. Die ukrainische Regierung hat ihre Chance, den Zweivölkerstaat zu erhalten, verspielt, als sie das Minsker Abkommen mit seiner Autonomielösung für die Ostukraine nicht respektiert und nicht umgesetzt hat. Das ist bei einem russisch-ukrainischen Friedensschluss zu berücksichtigen, wenn der Frieden auf Dauer halten soll.
Sachstand heute
Die Ukraine ist an Menschenkraft durch Kriegsverluste, Abwanderung und Abspaltung „ausgeblutet“ ( von ehem.42.000 Einwohnern auf jetzt 23.000 ), an Waffen und Munition weitgehend verbraucht und an Finanzkraft auf Jahrzehnte hinaus hoch verschuldet. Sie war auch nicht in der Lage, ihre letzten versuchten Großoffensiven zum Erfolg zu führen. Der Ukraine-Krieg ist damit de facto zum andauernden Stellungskrieg a la Erster Weltkrieg geworden. Ohne weitere umfangreiche Aufrüstung durch die NATO-Staaten und sonstige Unterstützung dritter Staaten wird die Ukraine auch in Zukunft nicht in der Lage sein, noch eines ihrer selbst gesteckten territorialen Kriegsziele zu erreichen.
Auch ansonsten ist die Kriegsunterstützung der Ukraine gegen Russland nach wie vor höchst fragwürdig. Zum Ersten hat die Ukraine den ersten Kriegsgrund mit dem Sprachenstreit und dem Einsatz der Armee gegen die eigene Bevölkerung im Donbass selbst geliefert. Und zum Zweiten stehen sich die Ukraine und die Russische Föderation mit ihren autoritären Staatsführungen, der Häufigkeit politischer Morde und Korruptionsfälle und in der Anzahl der seit 1995 verletzten internationalen Verträge, Resolutionen und Chartas gegenseitig in nichts nach. Dasselbe trifft ganz offensichtlich auf die Häufigkeit begangener Kriegsverbrechen zu. (Dazu Details zwei Kapitel später ) In Summa bedeutet das, dass die Ukraine weder „westliche Werte“ noch die Freiheit Europas mit verteidigt, wie ein Teil der westlichen politischen Eliten ihren Bevölkerungen suggeriert.
Staatspräsident Selenskyj fürchtet offensichtlich um sein Amt, nachdem der im Lande angesehene Armeechef General Saluschnyj ein eigenes Interesse am Präsidentenamt bekundet und der Bürgermeister von Kiew Klitschko Selenskyjs Amtsführung hart kritisiert hat. Saluschnyj liegt in der Beliebheitsskala im Dezember 2023 mit 88 % deutlich vor Selenskyj mit 62 %. Es ist durchaus möglich, dass Selenskyj trotz seiner häufig wiederholten Ablehnung von Verhandlungen bereit sein würde, einem schnellen Kriegsende mit vernünftigen Konditionen zuzustimmen, wenn er damit selbst zum Schluss als Friedensbringer dastehen und wieder erfolgreich für das Präsidentenamt kandidieren könnte.
Die russische Vorgeschichte
Russland und die USA
Am Anfang des russisch-ukrainischen Zerwürfnisses stand neben anderen Schwierigkeiten der Zerfall des gegenseitigen Vertrauens und die zunehmenden Interessengegensätze zwischen den USA und Russland. Die amerikanisch-russische Annäherung ab1997 mit der NATO-Russland-Grundakte und dem NATO-Russland-Rat wich ab 2002 einer erneuten Entfremdung. Die USA hatten 2002 den ABM-Vertrag gekündigt, ohne ihn, wie von Russland erbeten und nach der NATO-Russland-Grundakte grundsätzlich vorgesehen, erneut mit Russland zu verhandeln. Des Weiteren hatten 30 Staaten 1999 einen KSE-Nachfolgevertrag ausgehandelt, den die NATO-Staaten, im Gegensatz zu Russland, anschließend nicht ratifizierten. Zu „schlechter Letzt“ hatten die USA 2008 unter dem Vorwand einer Krise in Georgien die Aufnahme der Ukraine in die NATO gefordert und damit das Standbein russischer Sicherheitspolitik in Frage gestellt. Dies Standbein war der Reaktions- und Sicherheitsabstand zum NATO-Gebiet mit der damit gegebenen gegenseitigen atomaren Verwundbarkeit. Die Georgien-Affäre ist allerdings verdreht in das Gedächtnis der deutschen „politischen Welt“ eingegangen.
Georgien, Amerikas Vorwand
Der Sachverhalt der Vorgeschichte des Georgienkonflikts war folgender: Südossetien, bis dato eine Nordprovinz Georgiens, hatte sich bereits 1989 von Georgien getrennt, noch bevor sich Georgien selbst 1991 von der Sowjetunion loslöste. Danach versuchte das nun selbständige Georgien, sich das abtrünnige Südossetien in zwei „Georgischen Kriegen“ wieder anzuschließen. Bei Vermittlungsversuchen der EU und Russlands trat Russland als Schutzmacht der Osseten und mit einer Friedenstruppe in Südossetien auf. Im November 2006 hielt die regionale südossetische Regierung ein Referendum ab, das zu einem über 90 prozentigen Ergebnis für die Unabhängigkeit von Georgien führte. Trotzdem erkannte Russland die Unabhängigkeit Südossetiens von Georgien mit Hinweis auf die damals gleichzeitig offene Unabhängigkeitsfrage des Kosovo von Serbien nicht an. ( Russland stand auf der Seite Serbiens und war gegen die Abspaltung des Kosovo )
Am 17. Februar 2008 erklärte sich das Kosovo für unabhängig. Schon tags darauf, am 18. Feb. erkannten die USA die Unabhängigkeit des Kosovo an. ( am 20. Feb. folgte die Anerkennung durch Deutschland ) Einen Monat später, am 21. März, erkannte Russland die südossetischen Unabhängigkeit mit Hinweis auf den vorherigen Kosovo-Fall an. Wiederum zwei Wochen später, am 3. April, beantragten die USA auf dem NATO-Gipfel in Bukarest die Aufnahme Georgiens und ohne weiteren Anlass auch gleich noch der Ukraine in die NATO. Drei Monate später, ab Mitte Juli 2008 hielten russische Streitkräfte im Nordkaukasus auf russischem Staatsgebiet das Manöver „Caucasus Frontier“ und US-amerikanischen Streitkräfte zusammen mit georgischen das Manöver „Immediate Response“ in Georgien ab.
Putin reagierte auf den US-Vorschlag, Georgien in die NATO aufzunehmen, und stärkte nun russischerseits die Selbständigkeitsbemühungen der Südosseten. Er verfügte am 16. April die engere Zusammenarbeit der russischen mit den südossetischen Behörden und ließ im Mai die dortigen russischen Friedenstruppen um 500 Soldaten verstärken. Die Georgier werteten das als Einmischung Russlands in ihre inneren Angelegenheiten und als russische Bedrohung. Der georgische Präsident Schaakaschwili ließ daraufhin am 8.August 2008 in Hoffnung auf die Unterstützung von amerikanischen Manövertruppen in seinem Land Südossetien angreifen und deren Hauptstadt bombardieren. Als Russland daraufhin eingriff und die Georgier in fünf Tagen aus Südossetien vertrieb, war das amerikanisch-georgische Bedrohungsnarrativ für die NATO manifest. Seitdem hängt das Damoklesschwert einer NATO-Erweiterung nicht nur um Georgien, sondern auch um die Ukraine über Russlands Sicherheitsarchitektur. Das war ein früher Meilenstein auf dem Weg in den heutigen Ukraine Krieg.
Es mutet schon eigenartig an, wie nahezu vergleichbare Vorgänge je nach Betrachtungsrichtung unterschiedlich bewertet und bezeichnet werden. Das Eingreifen der NATO in Serbien zum Schutz der bedrohten Kosovaren war ein Akt der „humanitären Schutzpflicht“. Und das Eingreifen der Russen in Südossetien zum Schutz der bedrohten Osseten war ein verbrecherischer Angriff. Das Eingreifen von NATO Truppen in Serbien ohne UN Mandat war „selbstmandatiert“ und das Eingreifen der Russen in Südossetien ohne UN Mandat war völkerrechtswidrig. Diese Bewertungsasymmetrie wiederholte sich 2022 beim Eingreifen Russlands in den seit acht Jahren laufenden innerukrainischen Separationskrieg.
Russland und die NATO
Das russische Bemühen, die Entfremdung zwischen Ost und West nicht zum Äußersten kommen zu lassen, wird an den russischen Anstrengungen deutlich, den Risiko- und Sicherheitsabstand zwischen dem Militärgebiet der NATO und dem der Russischen Föderation aufrecht zu erhalten. Es ist hierbei die NATO mit der Atommacht USA, die sich mit ihrer Interessen-, Einfluss- und Militärzone auf Russland zubewegt und nicht Russland, das sich nach Westen ausdehnt. Putin hatte auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 deutlich formuliert, dass „eine weitere NATO-Osterweiterung auf den ehemaligen Gebieten der Sowjetunion das Überschreiten einer roten Linie bedeuten würde.“. Danach war der Bukarester Vorschlag der USA schon 2008, Georgien und die Ukraine in die NATO aufzunehmen, eine unübersehbare Herausforderung Moskaus. Ab 2021 wiederholten sich die Wünsche der Ukraine nach NATO-Mitgliedschaft und die Andeutungen und Offerten dazu aus Brüssel-NATO, aus Washington und weiteren Hauptstädten in schneller Folge.
Zeitgleich schlug Moskau mehrmals und vergeblich gegenseitige Sicherheitsabkommen vor und Präsident Putin telefonierte und konferierte etwa zwölfmal mit westlichen Staats- und Regierungschefs, um die NATO-Aufnahme der Ukraine doch noch abzuwenden. Als dann NATO-Generalsekretär Stoltenberg erst am 13. Dezember 2021 Putin aufforderte, „zur Diplomatie zurückzukehren“ und derselbe Stoltenberg drei Wochen später, am 12. Januar 2022, der russischen Delegation im NATO-Russland-Rat erklärte, dass die NATO und beitrittswillige Staaten allein über NATO-Beitritte entschieden und dass „da niemand reinzureden hätte“ und als Staatspräsident Selenskyj am 19. Februar 2022 die atomare Wiederaufrüstung der Ukraine ansprach, war das Maß aus Moskauer Sicht voll. Am 24. Februar 2022 ließ Staatspräsident Putin russische Truppen in die Ukraine einmarschieren. Ein schweizer OSZE-Beobachter in der Ukraine teilte kurz nach Kriegsausbruch zu den von polnischen Geheimdiensten gemeldeten russischen Waffenlieferungen an die Separatisten mit: „Wir konnten vor Kriegsausbruch keine Waffenlieferungen feststellen.“
Die offensichtlich vorgesehene NATO-Mitgliedschaft der Ukraine war der eine Grund des russischen Einmarschs in die Ukraine, und der seit acht Jahren währende innerukrainische Separationskrieg der Kiewer Zentralregierung gegen die russische Minderheit war der andere Grund für das Eingreifen Moskaus in den Bürgerkrieg im Nachbarland. Insofern war der russische Angriff auf die Ukraine vom 24. Februar 2022 kein „verbrecherischer Angriffskrieg“, sondern das Eingreifen in einen seit acht Jahren tobenden Bürgerkrieg im Nachbarland. Als solches war es nach westlicher Terminologie ein „selbstmandatiertes“ Nachkommen einer „humanitären Schutzpflicht“.
Bei der Formulierung eines Friedensvertrags sollte man bei dem unübersichtlichen Geflecht von Aktionen und Reaktionen und der internationalen, nicht eindeutigen Bewertung von Schutzpflichten gegenüber nationalen Minderheiten jenseits der eigenen Grenzen auf jede Schuldzuweisung verzichten und den Vertrag ausschließlich auf das sofortige Schweigen der Waffen, die eilige Beendigung des Krieges und zukünftige ethnienkonforme Grenzen ausrichten.
Die Krim
Die Frage, die im Raume steht, ist, warum die westliche Welt 1990 die Abspaltung der 1,3 Millionen Esten, der 2 Millionen Letten und des 2,8 Millionen Litauer von der Sowjetunion gut geheißen hat, genauso wie 1991 die Abspaltung der 2,1 Millionen Slowenen und der 3,9 Millionen Kroaten von Serbien und im Gegensatz dazu 2014 die Loslösung der 2,3 Millionen Krimbewohner von der Ukraine als Bruch des Völkerrechts verurteilt ?
Im Abfall der Krim von der Ukraine 2014 und ihrem anschließenden Beitritt zur Russischen Föderation liefen zwei synchrone Vorgänge zusammen, erstens die Abschaffung des Russisch als zweite Amtssprache für die gesamte Ukraine und zweitens die Befürchtung der russischen Regierung, dass sie bei fortschreitender Entwicklung ihren Kriegshafen Sewastopol an die US Navy abtreten müsste.
Auf der Krim sprachen 77 % der Bewohner Russisch und nur 10,1 % Ukrainisch. Schon im Januar 1991 hatte sich der Oberste Sowjet der Krim für eine Autonomie und den Verbleib bei der Sowjetunion entschieden. Das hatte die Kiewer Zentralregierung später, im August 1991, bei ihrer eigenen Unabhängigkeitserklärung von der Sowjetunion – und auch zuvor - nicht anerkannt. Danach, im Dezember 1991, stimmten 54 % der Krim-Bewohner in einem erneuten, lokalen Referendum – jedoch auch erneut erfolglos - für ihren Wiederanschluss an Russland. Diese alte Wunde brach am 24. Februar 2014 mit dem ukrainische Sprachgesetz und der Abschaffung des Russischen als zweiter Amtssprache wieder auf. Es kam, wie im Ostdonbass, zu Unruhen. Am 27. Februar 2014 wandte sich der Krim-Präsident Aksjonow mit einem Ersuchen an die russische Regierung. Er bat um „Hilfe bei der Gewährleistung von Frieden und Ruhe auf dem Territorium der Autonomen Republik Krim.“ Dem folgte am 16. März ein weiteres Referendum, in dem 95 % der abgegebenen Stimmen für den Wiederanschluss an Russland optierten. Zu diesem Referendum waren Beobachter von OSZE, EU und UNO eingeladen. Sie erschienen aber nicht. Am 21. März folgte der Anschluss der Krim an Russland. Zum Schluss setzte Russland Fallschirmjäger ( die sog. grünen Männer ) zur „Absicherung“ der Wahl auf der Krim ein. Putin berief sich dabei auf die „russische Schutzpflicht“ wie es die USA oft in vergleichbaren Fällen unter Berufung auf ihre amerikanische „humanitäre Schutzpflicht“ getan haben..
Im Fall der vorherigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo hatte der Internationale Gerichtshof der UN schon vor vier Jahre auch entschieden, dass das Ausscheiden eines Staatsteils aus einem Staat nicht gegen das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht verstößt ( Urteil vom 22. Juli 2010 ). Alle vernünftigen Voraussetzungen waren dazu auch im Fall der Krim gegeben, nämlich ein geschlossenes Gebiet mit mehrheitlich gemeinsamer Nationalität, die sich mehrheitlich in einem Referendum gegen die weitere Staatsbürgerschaft in ihrem bisherigen Staat entscheidet und damit für eine Abspaltung.
Der zweite synchrone Vorgang war der Streit der USA und Russlands um die Dominanz im Schwarzen Meer. Die seit 2008 von den USA öffentlich angestrebte NATO-Mitgliedschaft der Ukraine hätte bedeutet, dass die Krim in Zukunft für die USA geöffnet und für Russland geschlossen sein würde. Russland hätte seine seestrategische Position im Schwarzen Meer mit dem Verlust seines Kriegshafens auf der Krim an die US Navy abgeben müssen und damit auch die Kontrolle über den Seeweg zum größten Handelshafen Russlands Noworossijsk. Auch der Handelshafen der Ukraine Odessa hätte amerikanischer Kontrolle unterstanden. Dass Russlands Sorge nicht unbegründet war, zeigte das Verhalten der USA schon vor Moskaus Eingreifen in den innerukrainischen Bürgerkrieg 2022. Die USA hatten schon vorher ihr Marinekommando „73. Maritime Special Operations Center“ nach Otschakiw 150 Kilometer westlich der Krim an der Dnjeprmündung eingerichtet und damit ihren seestrategischen Arm bis am Russlands Hintereingang ausgestreckt.
Die Angliederung der Krim ist mit der amerikanischen Abwehr der sowjetischen Raketenstationierung auf Kuba 1962 vergleichbar. Auch die USA hatten damals keinen Gegner direkt an ihrer Hintertür geduldet. Und, was wäre, wenn sich China mit Kubas Einverständnis anschickte, den US Marinestützpunkt Guantanamo Bay auf Kuba zu übernehmen? ( Die USA hatten den Stützpunkt 1934 vertragslos ohne Rechtsgrundlage übernommen. ) Vergleiche sind meist etwas schief, aber oft dennoch nicht schief genug, um nicht damit deutlich zu machen, worum es geht.
Vier Tage nach dem Anschluss der Krim an Russland, am 26. März, bewertete Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt das russische Vorgehen auf der Krim als „durchaus verständlich“, wenn auch für gefährlich. Die anschließenden West-Sanktionen hielt er für „dummes Zeug“ und die Schuld für die Situation in der Ukraine sah er beim Westen.
Die westliche Welt erklärte die Abspaltung der Krim und ihren Anschluss an Russland 2014 umgehend zur gewaltsamen Annexion. Die USA verhängten sofort ihre ersten Sanktionen gegen Russland. Und, noch während der Entscheidungsprozess auf der Krim lief, wurde das ukrainische Staatsgold von 42,37 Tonnen am 11. März 2014 verladen und in die USA geflogen. ( nach Schweizer Quelle )
Nach Staatspräsident Putins Erfahrungen mit den USA und der NATO muss man davon ausgehen, dass er dem Westen nicht mehr über den Weg traut. Er hatte die Unwirksamkeit mündlicher Zusagen erlebt (Baker-Zusage der Nicht-Osterweiterung der NATO 1990 ), dann die Doppelzüngigkeit des NATO-Generalsekretärs Stoltenberg ( erst die Aufforderung, „zur Diplomatie zurückzukehren“ im Dez. 2021 und kurz darauf die Stoltenberg-Belehrung, Russland habe in die Osterweiterung „nicht reinzureden“ im Jan. 2022 ) und über die Jahre die amerikanischen Weigerungen, neue Sicherheitsabkommen mit Russland abzuschließen ( 1999-2022 ). Putin akzeptiert keine vorkonditionierten Verhandlungsaufforderungen. Er braucht offensichtlich ein konkretes Angebot, den Vorschlag eines für Russland verhandelbaren Friedensvertrags mit der Ukraine. ( siehe Anlage 2 )
( Dieses Kapitel ist ohne Nutzung russischer Quellen geschrieben. )
Die Bedeutung von Kriegsverbrechen
Die psychologische und politische Wirkung
Begangene und erfundene Kriegsverbrechen spielen im Ukraine-Krieg sowohl völkerrechtlich als auch kriegspsychologisch eine erhebliche Rolle. Ihre „Vermarktung“ hat zur Erzeugung von einerseits Hass und die Verhärtung von Positionen und andererseits zur Erzeugung von Hilfs- und Unterstützungsbereitschaft bei beiden Kriegsparteien und bei den kriegsunterstützenden Staaten und Völkern geführt. Die fast ausschließlich ukrainisch beeinflusste Medienberichterstattung in der westlichen Welt – besonders auch in Deutschland – hat zu einseitigen Feindvorstellungen und genauso einseitigen Gerechtigkeitsvorstellungen geführt und damit zu einem asymmetrischen Narrativ. Dieses manipulative Freund-Feind-Bild erschwert es heute, die deutsche Öffentlichkeit und die deutsche „Politik“ von einem Verständigungs- und Versöhnungs-Frieden für Russland und die Ukraine zu überzeigen und von der Illusion abzubringen, dass der Krieg für die Ukraine „gewinnbar“ ist.
Den Kriegsverbrechen, die den Russen vorgeworfenen werden, seien deshalb ein paar Korrekturen hinzugefügt und ukrainische Kriegsverbrechen gegenübergestellt. Ich will das an den Beispielen „Butscha-Massaker“ und Bombardierung des Kaufhauses in Retroville darstellen und dann auf Kriegsverbrechen generell eingehen. Zuerst sei zu bemerken, dass Desinformation, Propaganda und Täuschung zu den legitimen Kriegsmitteln zählen, die sowohl von den Russen als auch von den Ukrainern angewendet wurden.
Das „Butscha-Massaker“
Gut einen Monat nach Kriegsbeginn, am 30. März 2022, verließen russische Truppen nach ihrem erfolglosen Versuch, Kiew im Handstreich einzunehmen, Kiew und Umgebung, dabei auch die Stadt Butscha. Vier Tage später erschienen im ukrainischen Fernsehen Berichte und Aufnahmen über ein russisches Massaker in der Stadt. Ein einprägsamer Video-Film zeigte einen ukrainischen Militär-Pickup mit aufgesessenen Soldaten, die zwischen ordentlich aufgereihten Toten hindurchfuhren. Ein Kamerawagen fuhr hinterher. Die Kamera blendete auffälliger Weise bei naher Vorbeifahrt eine Leiche mit Hilfe eines Grauschleiers aus. Mir fiel auf, dass die Toten wie ordentlich drapiert dalagen, und dass bei ihnen die bei Erschlagenen oder Erschossenen sonst zu sehenden Blutlachen fehlten. Die Grauverschleierung des nächstgelegenen Toten machte mich misstrauisch. Als ich bei mehrmaligem Suchen auf verschiedenen Kanälen auch ein Video dieser Szene ohne Verschleierung fand, sah ich, dass dieser Tote eine breite, sehr auffällige weiße Russenarmbinde trug. Als ich den Film an dieser Stelle sofort zurückstellte und ihn ein zweites Mal betrachten wollte, war er sofort gelöscht. Stattdessen las ich „This page is not available“. Bei einem weiteren Versuch kam „Link not found“. Wer hat ein Interesse, zu vertuschen, dass hier ein toter Russe liegt? Bei mehrmaliger und sorgfältiger Betrachtung derselben Szene auf anderen Sendern fand ich bei einem Teil der entfernter liegenden Leichen ebenfalls Stücke ihrer weißen Russenarmbinden.
Ich fand auch ein ukrainisches Video mit einem Soldaten, der eine Leiche an einem langen Seil auf einer Straße an eine andere Stelle zog. Das und das Fehlen von Blutlachen passen zu dem Verdacht, dass die Leichen von Butscha erst Tage nach ihrer Tötung in das „Bild“ von Butscha gezogen worden sind. Das Ganze war ganz offensichtlich eine letztlich misslungene ukrainisch Inszenierung, eine „False Flag Operation“.
Auffallend ist auch, dass die russische Regierung zweimal danach vor dem UN-Sicherheitsrat die Untersuchung des Butscha-Vorfalls beantragt hat und zweimal an Vetos gescheitert ist.
Mit dem Butscha-Vorfall ist eine Schwelle zur absoluten Unversöhnlichkeit der Kriegsparteien überschritten worden, einschließlich NATO, EU, USA und Russland die heute noch einem Frieden des Interessenausgleichs und der Versöhnung im Wege steht.
Der Retroville-Kaufhaus-Beschuss
Ein weiteres Beispiel für den zweifelhaften Wert von Informationen aus dem Krieg bietet die russische Beschießung des Einkaufszentrums Retroville am Rand von Kiew am 20. März 2022. Die Nachricht selber stimmte. Die russische Artillerie hatte das Kaufhaus beschossen. Als der Kiewer Bürgermeister Klitschko tags darauf das „furchtbare“ Ereignis im deutschen Fernsehen verbreitete und über das russische Kriegsverbrechen lamentierte, waren die deutschen Zuschauer entsetzt über die vermeintliche Grausamkeit der Russen. Normalerweise assoziiert man mit Einkaufszentren gedrängte Menschenmengen und in diesem Falle hohe Opferzahlen. Da die Nachricht mit genauer Ortsangabe versehen was, schaute ich mir die Shopping Mail bei Google-Earth genauer an und fand das beschriebene Gebäude mit großen Lieferanteneinfahrten, einem großen, aber leeren Kundenparkplatz und einem Ring von hohen Wohnhäusern darum herum. Durch Zufall entdeckte ich beim Stichwort Retroville als nächstes das Video eines ukrainischen Bloggers, der dasselbe Kaufhaus, denselben leeren Parkplatz und die großen Lieferanteneinfahrten zeigte. Der Blogger hatte mit spürbarem Stolz über eine ukrainische Kriegslist gefilmt, wie Artilleriegeschütze aus den Einfahrten herausfuhren, ein paar Schuss abfeuerten und sich dann wieder unter den Schutz der Einfahrten zurückzogen. Offensichtlich hatte auch russische Artillerieaufklärung dasselbe Video gesehen, und die Russen hatten dann zielgenau das Warenhaus beschossen und zerlegt. In Summa handelte es sich also um kein russisches Kriegsverbrechen, aber die psychologische Wirkung auf das deutsche Fernsehpublikum war enorm und so nachhaltig, dass man hierzulande momentan einen Friedensvertrag ohne Schuldzuweisung und ohne Strafe so gut wie nicht vermitteln kann.
Beiderseitige Kriegsverbrechen
Über russische Kriegsverbrechen ist in den westlichen Medien ausführlich berichtet worden. Einen gleichscharfen Blick auf das Verhalten ukrainischer Soldaten hat es nicht gegeben. So helfen für den Vergleich beider Kriegsparteien nur die zu Anfang des Krieges von ukrainischen Bloggern im Internet verbreiteten Videos über ukrainische Kriegsverbrechen, über die in ukrainisch-patriotischer Euphorie wie über eigene Heldentaten berichtet worden ist.
Doch zunächst ein Auszug aus dem Bericht des UN Hochkommissars für Menschenrechte vom 29. Juni 2022. Da heißt es u. a. zu Kriegsverbrechen: „Und das sind zahlreiche Misshandlungen und Tötungen von Kriegsgefangenen und am Kampf unbeteiligten Zivilpersonen, die sich beide Seiten gleichermaßen zu Schulde kommen lassen. Nur eine Art von Kriegsverbrechen geht allein auf das Konto der ukrainischen Armee, der Missbrauch menschlicher Schutzschilde, also der Einsatz eigener Soldaten und Geschütze neben und hinter Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, um deren Schutzstatus für sich zu nutzen.“
Zurück zu den ukrainischen Kriegsvölkerrechtverstößen. Ukrainische Fernsehanstalten und Blogger berichteten zu Anfang des Krieges selbst über ukrainische Rechtsbrüche und Brutalitäten, begangen an russischen Bürgern und kriegsgefangenen Soldaten, als handele es dabei um Ruhmestaten. Da wurden z. B. von umherstehenden, lachenden ukrainischen Soldaten auf in ihrer Mitte liegende, gefesselte russische Gefangene getreten und mit Maschinenpistolen geballert. Kriegsgefangene Russen wurden erst verprügelt, dann wurde ihnen in die Beine geschossen und anschließend wurden sie unversorgt liegengelassen. Gefesselten, in großen Blutlachen liegenden russischen Gefangenen wurden so lange auf den Kopf getreten, bis sie Ruhe gaben. Es war u. a. eine Szene zu sehen, wie eine russische Zivilperson im Auto ( mit weißer Russenarmbinde als solcher kenntlich ) angehalten, aus dem Auto gezogen und an Ort und Stelle mit Stiefeltritten auf den Kopf totgetreten wurde.
Diese Zeugnisse auch der ukrainischen Kriegsverbrechen rechtfertigen es nicht, bei einem Friedensvertrag Schuldvergleiche anzustellen und daraus Nachteile für nur eine der Kriegsparteien abzuleiten.
Die Gültigkeit des Kriegsvölkerrechts
Wenn man die gegenseitigen Vertragsbrüche und die Verletzungen des Kriegsvölkerrechts der Russen und der Ukrainer gegenseitig abwägt, sollte man beide Seiten mit derselben Elle messen, mit dem bis dahin kodifizierten Recht. Der „Westen“ geht seit Jahren zum eigenen Vorteil zunehmend in seinen Argumenten, Rechtfertigungen und Beschuldigungen davon ab und beruft sich statt auf das kodifizierte Völkerrecht auf eine sogenannte „Regelbasierte Ordnung“. Das sind eine hausgemachte Ordnung und ihre Regeln, die sich die USA und die sie umgebenden Verbündeten – also ohne Russland, China, südamerikanische Staaten und andere – selbst nach eigenen Vorstellungen zurecht geschneidert haben. Nach dieser Regelbasierten Ordnung war die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo z. B. völkerrechtskonform und die Unabhängigkeitserklärung der Krim dagegen nicht. Diese Regelbasierte Ordnung ist zum Teil ein eigennütziger, westlicher Selbstbetrug.
Das kodifizierte Kriegsvölkerrecht soll für alle Kriegsparteien gleichermaßen gelten. Mit der Haager Landkriegsordnung und den Genfer Konventionen hat man versucht, die Kriegsgräuel einzudämmen. Zu den Schutzgeboten beider Regelwerke gehören der Schutz der unbewaffneten Zivilbevölkerung und der Schutz unverteidigter Städte und Dörfer vor Beschießung und Bombardierung.
Wer als Staatsoberhaupt – wie Selenskyj es getan hat - seine zivile Bevölkerung dazu aufruft, Molotow-Cocktails herzustellen, sich Gewehre zu besorgen und zu kämpfen, nimmt billigend in Kauf, dass die Schutzregeln für die Bevölkerung in seinem Machtbereich nicht mehr gelten. Wer seinem Militär befiehlt, die Städte zu befestigen und zu verteidigen, nimmt wohl kalkuliert in Kauf, dass um die Städte gekämpft wird und dass sie beschossen und bombardiert werden. Wer mit offensichtlichem Stolz vor Fernsehkameras zeigt, wie junge Freiwillige in einem Schulgebäude militärisch ausgebildet werden, darf nicht medienwirksam im selben Fernsehen über die Brutalität des Gegners klagen, wenn der auf solche Gebäude schießen lässt.
Die Schutzbestimmungen der Haager Landkriegsordnung und der Genfer Konventionen für zivile Bürger und die ukrainischen Städte hat Selenskyj selber außer Kraft gesetzt.
Abwägung der Rechtsgrundlagen und Rechtsauffassungen
Die Abwägung des Rechts auf territoriale Integrität gegen das Recht auf Selbstbestimmung und den Volkswillen auf der Grundlage der zwei Verträge „UN Resolution über die Grundsätze des Völkerrechts ( 1970 )“ und der „Charta von Paris ( 1990 )“ wird Teil der Präambel des vorliegenden Friedensvertragsentwurfs sein.
Die Rechtsgrundlage vieler bisheriger Friedensbemühungen, die Charta von Paris vom 21. November 1990, enthält zwei bisweilen unverträgliche Prinzipien, nämlich die Unverletzlichkeit der territorialen Integrität von Staaten und den besonderen Schutz von nationalen Minderheiten. Bereits die vorherige Resolution der Vereinten Nationen vom 24. Oktober 1970 über die Grundsätze des Völkerrechts hat die kollektive Wahrnehmung von Minderheitenschutz spezifiziert. Sie führt aus, dass sich nationale Minderheiten bei dauerhafter und grober Missachtung ihrer Schutzrechte und, wenn ihnen eine angemessene innere Autonomie verwehrt wird, in demokratischer Weise dazu entscheiden können, in geschlossenen Teilen ihres bisherigen Staatsgebiets einen eigenen, unabhängigen Staat zu gründen oder sich in einen anderen Staat zu integrieren. Letzteres bezieht sich auch auf die ansässigen russischen Minderheiten in klar umrissenen Staatsteilen der bisherigen Ukraine, in denen sie eine deutliche lokale Mehrheit bilden.
Im zu beendenden Krieg vertritt die Ukraine ihr Recht auf die Unverletzlichkeit ihrer territorialen Integrität und die Russische Föderation vertritt das Selbstbestimmungsrecht der russischen Minderheiten in bestimmten Staatsteilen der Ukraine, dort wo sie eine deutliche Bevölkerungsmehrheit bilden. Der in der Anlage 2 vorgeschlagene Friedensvertrag beruht auf der praktischen Abwägung der beiden im konkreten Falle unverträglichen Friedensprinzipien, der Charta von Paris und der UN Resolution über die Grundsätze des Völkerrechts. Ihm liegt eine Entscheidung im Sinne eines eiligen Kriegsendes zu Gunsten des Selbstbestimmungsrechts und Volkswillens als Ausdruck eines modernen demokratischen Staatsverständnisses zu Grunde. Eine gegensätzliche Entscheidung zu Gunsten der territorialen Integrität der bisherigen Ukraine war offensichtlich wegen des inzwischen völlig zerrütteten und unversöhnlichen Verhältnisses des ukrainischen und des russischen Volksanteils des vorherigen Zweivölkerstaats nicht mehr sinnvoll. Der Zweivölkerstaat Ukraine war nach acht Jahren innerukrainischem Bürger- und Separationskrieg realistischer Weise moralisch und politisch nicht mehr wiederzubeleben.
Verhandlungen und Vertragspartner
Beteiligungsempfehlung
Im Interesse eines baldigen und einvernehmlichen Vertragsabschlusses liegt es, den Kreis der Verhandler und der Vertragsabschließenden möglichst klein zu halten. Staaten – außer der Ukraine und der Russischen Föderation - und supranationale Organisationen, die selbst eigene Interessen im Ukraine-Krieg und in der Ukraine vertreten, sind aus demselben Grunde nicht am Friedensprozess zu beteiligen.
Als abschreckendes Beispiel für Verhandlungen mit zu vielen Interessenten mögen die Friedensverhandlungen zum Frieden von Münster dienen. Sie dauerten fünf Jahre, in denen weitergekämpft wurde. Als positives Beispiel mögen die zügigen 2-plus-4 Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung dienen, bei denen die über 40 zusätzlichen ehemaligen Kriegsgegner Deutschlands ausgeschlossen blieben.
Eine deutsche Friedensvermittlung im Alleingang wäre aussichtslos. Geeignet für eine Friedensvermittlung wären die drei Staaten Frankreich, Italien und Deutschland im Verbund.
Frankreich hatte bereits 2008 zusammen mit Deutschland die damals ungerechtfertigte Aufnahme der Ukraine in die NATO verhindert und dann 2015 und 16 wieder zusammen mit Deutschland die Minsker Konferenzen und das Minsker Abkommen arrangiert. 2016 waren es wieder Frankreich und Deutschland gemeinsam, die die Ukraine gedrängt haben, den Ostoblasten die ihnen im Minsker Abkommen zugesicherte Innere Autonomie einzuräumen, was die Ukraine verweigerte. Ebenfalls 2016 hatte das französische Oberhaus die sukzessive Rücknahme der EU-Sanktionen gegen Russland empfohlen. Am 9. Dezember hatten Macron und Merkel den Weihnachtswaffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine ausgehandelt. 2019 waren es wieder Macron und Merkel, die letztmalig ein Gipfeltreffen zwischen Putin und Selenskyj zuwege gebracht haben. Am 8. Februar 2022 hat Macron vom Westen gefordert, „im Hinblick auf Russlands berechtigte Sicherheitsbedürfnisse Kompromisse einzugehen“. Der französische Staatspräsident ist offensichtlich der geeignete Partner für eine deutsche Friedensinitiative. Frankreich hat sich außerdem unter den alten EU- und NATO-Staaten die größte Unabhängigkeit von den USA bewahrt, dem Hauptvertreter ukrainischer Interessen und eigener, dortiger geopolitischer Ambitionen.
Aus Italien kamen bisher die häufigsten Anstöße zu Friedensvermittlungen im Ukraine–Krieg. Es begann am 4.5.2022 mit den Erklärungen des Chefs der italienischen Luftwaffe, Generalleutnant Tricarico und des Generalleutnants Bertolini ( Heer ) „Das ist nicht unser Krieg“ und „Lasst uns die USA stoppen!“. Es folgte der italienische Außenminister Di Maio am 20.5.2022 mit einem im Europarlament vorgeschlagenen Friedensplan. Dann kam am 8.9.2022 das Vermittlungsangebot des ehemaligen Ministerpräsidenten Berlusconi und schließlich am 29.6.2023 der Appell des Vorsitzenden der italienischen Bischofskonferenz Kardinal Zuppi. In Italien wäre die Vermittlungsrolle zu einem russisch-ukrainischen Ausgleichsfrieden offensichtlich populär.
Frankreich, Italien und Deutschland sind außerdem die großen drei Gründungsmitglieder der EWG und die augenblicklich größten Netto-Zahler der EU und damit auch die mittelbar größten Beitragszahler für die Kriegshilfen der EU. Die drei Staaten hätten das politische Gewicht, der einseitigen pro-Ukraine- und kriegsverlängernden Politik der EU ein friedliches Ende zu bereiten. Italien, Frankreich und Deutschland hätten auch Mittel und Möglichkeiten, beim Drohen des Scheiterns ihrer Vermittlung selbst mit der Beendigung ihrer weiteren Alimentation des Krieges zu drohen und im äußersten Falle auch ihr Veto für gemeinsame EU- und NATO- Aktivitäten bei Kriegsfortsetzung anzukündigen. Ein von Italien, Frankreich und Deutschland arrangierter Friede wäre eine europäische Lösung des europäischen Krieges in der Ukraine.
Der Herr Bundeskanzler sollte baldmöglichst Gespräche mit Frau Regierungspräsidentin Meloni und Herrn Staatspräsident Macron aufnehmen und beide ersuchen, sich politisch am deutschen Friedensplan und aktiv mit italienischen und französischen Kräften an dem im Vertragsentwurf vorgeschlagenen Friedensprozess zu beteiligen. Diese Gespräche sollten erfolgreich abgeschlossen sein, ehe der Friedensvertragsentwurf den beiden Konfliktparteien vorgeschlagen werden kann.
Warnung vor Beteiligung
Die besonders am NATO-Beitritt der Ukraine interessierten Staat Großbritannien und USA haben mehrmals ihre Forderung nach Fortsetzung des Krieges vorgebracht. Der englische Premierminister Boris Johnson hat am 9. April 2022 bei den Istanbuler ukrainisch-russischen Verhandlungen kurz vor Vertragsabschluss eingegriffen und die ukrainische Vertragsunterzeichnung verhindert. Seine Begründung war, „Der Westen ist für ein Kriegsende nicht bereit.“ Desgleichen hat die US Regierung vor kurzem erst, am 27. November 2023, verlautbart, dass sie russisch-ukrainische Friedensverhandlungen derzeit für sinnlos hält. Zur Begründung unterstellte sie, dass solche Gespräche nur in russische „Kapitulationsmonologe“ ausarten würden. Dabei übersah die amerikanische Regierung geflissentlich, dass der sogenannte 10-Punkte-Friedensplan Selenskyjs vom 5. August 2023 in der Sache selbst de facto eine Kapitulationsaufforderung an Russland war. Das erkennbare Interesse der USA und Großbritanniens an der Kriegsfortsetzung disqualifiziert beide Staaten, als Moderatoren, Verhandlungspartner oder Signatarstaaten für ein Mitwirken am raschen Ende des Tötens und Zerstörens in der Ukraine. Sie dürfen deshalb am vorgeschlagenen Friedensprozess trotz ihrer zu erwartenden Einsprüche und Hindernisse weder unmittelbar noch mittelbar beteiligt werden. Mit dem Ausschluss der USA verbindet sich auch der Ausschluss der von ihr dominierten NATO.
Orte der Verhandlungen
Ich schlage vor, die Vermittlungsgespräche mit den beiden Kriegsparteien zunächst in getrennten Vorverhandlungen an deren Regierungssitzen zu führen. Das erleichtert die Gespräche, weil ihnen noch die verhärtete und verschärfende Konfrontationsatmosphäre des Aufeinandertreffens von zwei Feinden fehlt.
Die Abschlusskonferenz sollte in Genf, im Alten Rathaus, im „Alabama-Saal“ stattfinden. Genf liegt auf neutralem Boden und der genannte Saal beherbergt einen „guten Geist“, der hoffentlich auf die ukrainisch-russische Verständigung und Versöhnung überspringt. In diesem Saal wurde 1864 die Erste Genfer Konvention geschlossen und 1872 das Zerwürfnis zwischen der alten Kolonialmacht England und ihrer alten Kolonie Nordamerika durch Schiedsspruch beigelegt und damit der Weg für eine endgültige und immerwährende freundschaftliche Partnerschaft geebnet.
Die Anbahnung von Verhandlungen
Derzeit gehört Deutschland zu den Staaten, die die Ukraine mit ihren Versprechungen und Geld- und Waffenlieferungen in dem Wahn gefangen halten, es gäbe noch immer eine Siegeschance im Jahr 2024. Ehe die deutsche Bundesregierung der ukrainischen Regierung ihre Illusionen vom „Sieg“ und den Rückeroberungen durch Vorlage eines Friedensvertragsentwurfs nimmt und sie damit psychologisch von Plus-Graden auf Minus-Grade stürzt, sollte sie zuerst alle weiteren Versprechungen unterlassen und die ukrainische Regierung sowie die russische Regierung auffordern, der Gegnerseite selbst ein Gesprächsangebot ohne Vorbedingungen zu machen. Wenn sich die streitenden Parteien dazu nicht in Bälde bereitfinden sollten, kann beiden Parteien der hier vorgeschlagene Friedensvertrag unterbreitet werden.
Wesentliche Inhalte des Vertragstextes
Bisher hat es meiner Zählung nach 18 wenig konkrete Vermittlungs- und Vertragsvorschläge gegeben, die Raum für unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten und viele Ausweichmöglichkeiten für beide Kriegsparteien ließen. Bisher haben die Kriegsparteien auch „Unverhandelbares“ als Vorbedingungen genannt, so dass es gar nicht erst zu Verhandlungen gekommen ist. Der vorgeschlagene Vertragstext enthält deshalb alle erforderlichen territorialen, rechtlichen, ökonomischen, militärischen und anderen Regelungen, die in Friedensverträgen üblich und erforderlich sind, so dass jede Seite einschätzen kann, was sie erhalten wird und was sie geben muss.
Staatspräsident Putin wird sehen, dass das letzte Wort zu einer dauerhaften Nachkriegsordnung nicht durch die russischen Landeroberungen, sondern durch das Ergebnis einer Volksabstimmung der Einwohner der umstrittenen Gebiete gesprochen wird. Die zukünftigen Grenzen zwischen der Ukraine und Russland soll die betroffene Bevölkerung in freier Entscheidung selber ziehen. Russland muss allerdings sein alter, atomarer Reaktions- und Sicherheitsabstand zum NATO-Gebiet erhalten bleiben und der Ukraine dafür den Status der „bewaffneten Neutralität“ zugestehen.
Staatspräsident Selenskyj wird sehen, dass das letzte Wort zur dauerhaften Nachkriegsordnung nicht durch einen von der Weltgemeinschaft finanzierten ukrainischen Endsieg gesprochen wird, sondern durch das Ergebnis einer Volksabstimmung der Einwohner der umstrittenen Gebiete. Die ukrainische Zentralregierung hat die Existenz des früheren Zweivölkerstaats mit ihrer Missachtung des Minsk II Abkommens selbst verspielt. Der Sprachenstreit seit 2014 und der achtjährige Bürgerkrieg mit seiner Härte und den Kriegsverbrechen an einem Teil der ostukrainischen Bevölkerung schließen ein gedeihliches Miteinander von Ukrainern und der starken russischen Minderheit in einem Staat in Zukunft aus.
Auf der anderen Seite muss das ukrainische Volk eine sichere und souveräne Zukunft mit der Aussicht auf Wiederaufbau und wirtschaftliche Gesundung zugesichert bekommen. Dazu müssen die weiteren Zerstörungen und das exorbitante Anwachsen der Kriegsschulden der Ukraine für Waffenleasing und rückzahlbare Darlehen an die USA beendet werden. Der Ukraine muss dafür im Kern eines Vertrags die zukünftige Bewahrung und Lebensfähigkeit des ukrainischen Volks angeboten werden, nicht aber die Bewahrung ihres früheren gesamten Staatsgebiets.
Wirkung auf die deutsche Öffentlichkeit
Der Einsicht, dass ein rasches Kriegsende den absoluten Vorrang vor einem Sieg der Ukraine haben muss, steht bedauerlicher Weise das falsche Narrativ entgegen, das die deutschen Medien seit drei Jahren mit ihrem Gut-und-Böse-Raster der deutschen Öffentlichkeit vermitteln. Dazu gehören das Unterschlagen der Vorgeschichte dieses Kriegs mit dem Sprachenstreit, mit dem acht Jahre währenden Bürgerkrieg der ukrainische Zentralregierung gegen die starke russische Minderheit im eigenen Land und mit der Häufigkeit politischer Morde und der Korruption in der Ukraine. Dazu gehören die Verletzungen des internationalen Rechts durch die Ukraine und nicht nur der Friedensbruch der Russen. Dazu gehören auch die Legenden von einer dortigen Demokratie und der dort angeblich zu verteidigenden Freiheit Europas. Wenn die Medien den Bogen zur „Verteidigung der Freiheit Europas“ schlagen, müssten sie auch thematisieren, dass es im Kern auch um die Ausdehnung des geopolitischen Interessen- und Machtbereichs der USA geht. Wie tief das falsche Narrativ bereits in der „politischen Welt“ Deutschlands sitzt, wird in den jüngsten Redebeiträgen von Abgeordneten im Bundestag zum Krieg in der Ukraine deutlich. Die Appelle von mehreren Rednern zu den Waffenhilfen an die Ukraine zeigen deren erschreckende und beschämende Ahnungslosigkeit über die Realitäten in der Ukraine und die Vorgeschichte des Ukraine-Krieges.
Die wirksamste Manipulation entfaltet dieses falsche Narrativ mit den mehrmals täglich in allen Medien wiederholten Formulierungen wie „Putins verbrecherischer Angriff“ und die Verwendung von Negativattributen, die allem vorangestellt werden, was Russland tut und unterlässt. Die deutsche Presse überbietet sich mit „grausam, menschenverachtend, erbarmungslos“ und vielen weiteren Negativbeschreibungen, statt sachlich zu berichten und die Wertung den Lesern zu überlassen. Die Bundesregierung kann keine Medien lenken, aber sie sollte eigene Kommentare in der beschriebenen Weise unterlassen. Je länger und wirkungsvoller Deutschland die Ukraine unterstützt und die russische Seite brüskiert, desto schwerer wird es werden, mit Russland zu verhandeln und zu guter Letzt den deutschen Kopf aus der Schlinge der direkten Kriegsbeteiligung herauszuhalten.
Mein Vorschlag zu einer Friedensinitiative des Herrn Bundeskanzler Scholz unter dem Leitgedanken „versöhnen und vergeben“ mag den deutschen Wählern nach dieser Medienvorgeschichte wie ein inkonsequenter Sinneswandel vorkommen. Die Initiative wäre dennoch eine glaubwürdige Rückkehr zu Bundeskanzler Scholz´ ursprünglichen Auffassungen, dass sich Deutschland in der Gefahr der Kriegsbeteiligung befindet und dass sich Deutschland mit Waffenlieferungen an die Ukraine zurückhalten sollte. Heute, nach fast zwei Jahren vergeblichen Krieges und erfolgloser ukrainischer Offensiven, wird ihm die deutsche Öffentlichkeit die Einsicht honorieren, dass die Ukraine ihr Kriegsziel der Rückeroberungen nicht erreichen kann und dass es nun vor allem gilt, das ukrainische Volk vor weiteren Menschenverlusten durch Tod und Abwanderung, vor weiterer Zerstörung seiner Infrastruktur und vor der weiter zunehmenden exorbitanten Auslandsverschuldung zu bewahren.
Das deutsche Volk sieht derzeit mit wachsenden Zweifeln die immensen eigenen Kriegsausgaben beim gleichzeitigen ungedeckten Finanzbedarf daheim. Es sieht die Schwächung der eigenen Wirtschaft ohne spürbare Auswirkungen der Embargos und Sanktionen auf Russland. Es bemerkt mit Sorgen die weitere Ausplünderung der Bundeswehr zu Gunsten der ukrainischen Armee bei gleichzeitiger Zunahme ihrer eigenen Verpflichtungen außerhalb der eigenen Grenzen. Das deutsche Volk wird zunehmend der Lasten dieses fremden Krieges müde. Und das ukrainische Volk ist im Begriff, in vieler Hinsicht „auszubluten“. Ein von einem deutschen Bundeskanzler vermittelter Friede zwischen der Ukraine und Russland könnte der Glanzpunkt seiner Kanzlerschaft sein.